Hotel am Ende des Universums
Zugegeben, die Überschrift zu diesem Blog habe ich wieder mal bei Douglas Adams geklaut – leicht abgewandelt allerdings: Da trägt der zweite Band seiner fünfteiligen Trilogie den Titel „Das Restaurant am Ende des Universums“. Weiterhin ist die Überschrift eigentlich denkbar ungeeignet für diesen Artikel, denn mit einem Hotel hat die Internationale Raumstation ISS eigentlich nur den Übernachtungsaspekt gemein. Obwohl: Im Augenblick vollzieht sich gerade ein bemerkenswerter Paradigmenwechsel: Seit Samstag befindet sich erstmals für einige Tage eine rein privatwirtschaftlich finanzierte Gruppe von Astronauten an Bord der ISS. Für die Vier ist es freilich kein „Hotelaufenthalt“ mit Bedienung und Erholungsprogramm, sondern sie verfolgen ein ambitioniertes Forschungsprogramm mit über 25 Experimenten, vielen Fotoprojekten und einer Menge Öffentlichkeitsarbeit.
Während der „Commander“ der Mission, Michael López-Alegría, als ehemaliger NASA-Astronaut und jetziges Vorstandsmitglied der Firma Axiom Space das volle Training für die Raumstation erhalten hat, und sich ohne große Einschränkungen an Bord der ISS betätigen darf, haben seine drei Crew-Mitglieder ein zwar ausführliches, aber doch nicht allumfassendes ISS-Training erhalten.
Überhaupt mussten für diesen neuen Typ von Mission im Vorfeld viele Diskussionen geführt und Festlegungen getroffen werden. Insbesondere, wenn es um die Sicherheit oder die öffentliche Außendarstellung dieses internationalen Prestigeprojekts geht: Wer ist letztlich für die Sicherheit an Bord verantwortlich – und was bedeutet das für die Weisungsbefugnis? Welche „kritischen Tätigkeiten“ müssen den „Berufsastronauten“ vorbehalten bleiben? Wer gibt die an Bord gemachten Fotos frei zur Veröffentlichung? Was darf im Hintergrund der Livevideos zu sehen sein – und was würde Privatsphären, vertrauliche Daten oder Experimente kompromittieren oder Zusammenhänge in der öffentlichen Wahrnehmung herstellen, die so nicht bestehen? Dürfen die „Berufsastronauten“ das von Axiom-1 gelieferte „Essen mit Werbeeffekt“ essen - müssen sie es essen, wenn sie dazu eingeladen werden? Und dürfen sie dann auf Fotos auftauchen, die später womöglich zu Werbezwecken weiter genutzt werden? Wo können die Astronauten Rat finden, wenn ähnliche derartige Fragen während der Mission aufkommen, die in der Vorbereitung nicht beantwortet wurden?
Wie immer bei etwas Neuem stellen sich viele Fragen – in ein paar Monaten werden wir uns eingespielt haben und „zahlende Forscher“ auf der Raumstation könnten Routine geworden sein…
Das Columbus-Modul – und damit wir als Columbus-Kontrollzentrum – spielt bei der Mission „Axiom-1“ eine zentrale Rolle. Zum einen werden zwei der „kommerziellen Besatzungsmitglieder“ in Columbus nächtigen – ESA-Astronaut Matthias Maurer ist dafür extra in ein anderes Crew-Quartier umgezogen.
Zum anderen haben wir in unserem europäischen Modul mit ICE Cube das zentrale Kommunikationsmittel, das die Axiom-1-Astronauten für ihre zahlreichen öffentlichen Medienereignisse nutzen. In die Planung und Koordinierung dieser Events ist unser Team stark eingebunden. Im engen Kontakt mit dem Kontrollzentrum in Houston, den NASA-Kollegen in Huntsville und dem Kontrollzentrum von Axiom koordinieren wir die Outreach-Aktivitäten. Hierfür müssen eine Reihe von Randbedingungen erfüllt sein, die das Zusammenwirken aller Kontrollzentren nötig macht: Wir müssen auf die Privatsphäre der in Columbus schlafenden Besatzungsmitglieder Rücksicht nehmen, wir müssen die Lautsprecher in Columbus so konfigurieren, dass während des Events nicht der „operationelle Funkverkehr“ zu hören ist – zum einen wäre das störend, zum anderen führen wir über diese Funkkanäle auch Gespräche mit den Astronauten, die nicht für jedermanns Ohren bestimmt sind. Und freilich soll in Columbus nichts anderes „im Hintergrund“ stattfinden, was die Übertragung stören könnte.
Erstmalig haben wir auch eine „virtuelle Not-Aus-Taste“ sowohl an unserer COL FLIGHT-Konsole als auch an der EUROCOM-Konsole. Hierfür haben wir den Funkrufnamen „MEDIACOM“. Bislang hat sich Houston darum gekümmert, dass eine Liveübertragung schnell abgebrochen werden kann, wenn es aus operationeller Sicht nötig erscheint. Für die Axiom-1-Mission wurde diese Verantwortlichkeit erstmals an das Columbus Control Center (Col-CC) delegiert…
Inzwischen sind schon einige Events erfolgreich erledigt worden: Mit Journalisten, dem Prinz von Monaco, einer Schule und verschiedenen Bildungseinrichtungen, einem Museumsdirektor und den eigenen Angestellten...
Und so wünschen wir Axiom-1 eine gute Zeit im „Hotel Columbus“ am Ende (oder Anfang?) des Universums!
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