| Raumfahrt

TerraSAR-X/TanDEM-X Science Meeting 2019: Überwachung sehr langsamer Erdrutsche aus dem All

Credit:
Bildquellen:

Bild links: ALOS-2 data (JAXA); Bild Mitte: modified Copernicus Sentinel data; Bild rechts: Terra-SAR-X data (DLR); Prozessierung jeweils: Gamma Remote Sensing und SUPSI

Der globale Wandel ist kein Geheimnis – auch nicht das alljährliche TerraSAR-X und TanDEM-X Science Meeting im DLR Oberpfaffenhofen. Hochrangige Experten aus aller Welt präsentierten vom 21. bis 24. Oktober 2019 den neuesten Stand der Forschung und weisen die Richtung für kommende Technologien in der satellitengestützten Fernerkundung. Datenquelle und gemeinsamer Ausgangspunkt sind die beiden Radarsatellitenmissionen TerraSAR-X und TanDEM-X.Sie liefern unverzichtbare Daten für die Umwelt- und Klimaforschung, für ein besseres Verständnis unserer Erde. Die Anwendungsmöglichkeiten sind entsprechend vielfältig. Zu den wichtigsten Forschungsbereichen gehören Wald, Ozean, Urbaner Raum, Eisbedeckung, Gletscher, Georisiken, Landwirtschaft, Archäologie und die Technologieentwicklung.

Im DLR-Blog stellen wir einige der Arbeiten vor, die beim diesjährigen Science Meeting präsentiert wurden. Die kurzen Beispiele skizzieren, auf welche Weise die Daten der deutschen Radarmissionen Forscher weltweit unterstützen.

In der Schweiz sind rund sechs Prozent des Territoriums von Gefahren durch Hanginstabilitäten betroffen. Insbesondere in den Alpengebieten führen Erdrutsche immer wieder zu schweren Unglücken. Es ist daher von herausragender Bedeutung, die Bewegungsgeschwindigkeit von Erdrutschen kontinuierlich zu überwachen, um ihre Gefährdung einzuschätzen und ihre Aktivität im Zeitverlauf zu beobachten. Die Satelliten-SAR-Interferometrie (InSAR) erlaubt es, Oberflächenverformung großflächig zu erfassen. So wurden kürzlich verschieden nationale Bodendeformationskarten in Norwegen, Deutschland und England veröffentlicht. Auch in der Schweiz besteht ein großes Interesse, Deformationskarten und Zeitreihen von Oberflächenbewegungen mittels InSAR zu erstellen.

Unsichtbare Gefahr

Die sehr hohe räumliche Auflösung der TerraSAR-X-Daten ermöglicht das Beobachten von "unsichtbaren" bzw. sehr langsamen Hangbewegungen, wie die aktuellen Forschungsergebnisse von Tazio Strozzi, Rafael Caduff und Andrea Manconi von der Gamma Remote Sensing AG und Christian Ambrosi von der University of Applied Sciences and Arts of Southern Switzerland (SUPSI) zeigen.

Sie berichten: Unsere Arbeitsgrundlage waren die großen Datenstapel zum Erdrutsch von Loderio im Kanton Tessin. Der Loderio-Erdrutsch ist ein Beispiel für sehr langsamen aber großflächigen und aktiven Erdrutsch – die Bewegungsrate liegt bei wenigen Zentimetern pro Jahr. Für die Verarbeitung der Radardaten nutzten wir multi-temporale interferometrische Ansätze. Dadurch konnten wir aussagekräftige Ergebnisse zur satellitengestützten Überwachung von Erdrutschen in den Alpen gewinnen.

Für die InSAR-Verarbeitung sind die karge Besiedlung, große Vegetationsflächen, Schneebedeckung, Schatten und Überlagerungen, atmosphärische Schichtung und Turbulenzen eine große Herausforderung. Daher untersuchten wir insbesondere das Potenzial und die Grenzen der aktuellen Satelliten-SAR-Daten mit ihren unterschiedlichen Trägerfrequenzen (L-, C- und X-Band), Bodenauflösungen (ca. 10, 20 und 2 Meter), Zeitintervallen (46, 6 und 11 Tage) und Akquisitionsstrategien (Global versus On-Demand, Free versus Commercial Data) für das operationelle Alpen-Monitoring.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass das L-Band im Vorteil ist, wenn es um zeitliche Dekorrelationen bei Vegetationsflächen und relativ schnelle Bewegungen geht. Der langwellige Frequenzbereich wird hier weniger beeinflusst als das C- und X-Band. Aus diesem Grund konnte der sich am schnellsten bewegende Teil des Loderio-Erdrutschs nur mit den PALSAR-2-Daten des japanischen Erdbeobachtungssatelliten ALOS-2 erkannt werden. Andererseits sind das C- und das X-Band empfindlicher für die sich sehr langsam bewegenden Bereiche des Erdrutsches. Hier haben TerraSAR-X-Daten den Vorzug: Sie bieten eine hochgenaue räumliche Auflösung, so dass wir eine höhere Dichte von Messpunkten erhalten und dadurch auch lokale Phänomene untersuchen können.