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Studie an Alters-Leichtathleten bei Weltmeisterschaft in Málaga: Spitzenergebnisse im Wettkampf wie auch in der Studie

Beste Laune beim Wadenultraschall: Eine Probandin aus den USA nimmt an der MAFS-Studie teil.
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DLR.

Die erste Woche der Alters-Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Málaga liegt hinter uns und die ersten Gold-, Silber- und Bronzemedaillen sind vergeben. Einige Athleten bringen stolz ihre Medaillen mit zur Untersuchung und ziehen selbst nach einem anstrengenden Wettkampf in der südspanischen Hitze noch äußerst konzentriert und motiviert ihre Untersuchungen der MAFS18-Studie durch. Sie alle wollen Top-Ergebnisse bei der Untersuchung der Auswirkungen von regelmäßigem Sport auf die Gesundheit beitragen.

100-Meter-Lauf der Frauen in der Altersklasse 40-44 Jahre
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Um die für die MAFS-Studie relevanten Daten zur Untersuchung von Muskeln, Körperzusammensetzung, Herz, Kreislauf, Stoffwechsel und Lebensumständen zu bekommen, hat das Team mehrere Stationen mit unterschiedlichen Untersuchungsinhalten vorbereitet. Zu Beginn werden die Probandendaten aufgenommen, die Studie erklärt und Gewicht und Größe gemessen.

Zu den Untersuchungen gehört auch das Messen und Wiegen der Probanden, hier ein Teilnehmer aus Irland.
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Aus zeitlichen Gründen durchlaufen nicht alle Probanden-Athleten alle Stationen, die Gesamtdauer von zwei bis drei Stunden für alle Untersuchungen passen bei manchem nicht in den Wettkampf-Zeitplan, so dass einige nur einen Teil der Untersuchungen absolvieren. Die erste Station, die am Morgen absolviert wird, ist die Untersuchung des Ruhe-Nüchtern-Umsatzes. Danach folgen die Bioimpedanz-Messung und ein umfangreicher Fragebogen, der am Tablet ausgefüllt wird, gefolgt von mehreren Sprungtests, einem Wadenmuskel-Ultraschall und einem Herz-Ultraschall.

Station Waden-Muskel-Ultraschall - Sarah Michély, Doktorandin cand med., Philipp Rauschendorfer, Studentische Hilfskraft, DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin

Bei der Station von Sarah und Philipp handelt es sich um das Herzstück der MAFS18-Studie - hier geht es darum, Vergleichsdaten zum Weltraum-Experiment ‚Sarcolab-3‘ zu gewinnen. Um die Veränderungen in der Faszikel-Dynamik bei Astronauten besser einordnen zu können, werden bei MAFS18 die Effekte von Alter und Trainings-zustand untersucht. Die Senioren-Weltmeisterschaften bieten hierzu ideale Voraussetzungen.

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Zu Beginn des Versuchs wird erst einmal geschraubt. Bis alle Messpunkte auf den Probanden und sein Bein eingestellt sind, dauert es eine Weile und Sarah und Philipp verschwinden immer wieder in der Versenkung, um alles genau anzupassen. Und dann geht es los: Sie untersuchen, wie sich der Wadenmuskel unter Anspannung mechanisch verändert. Die beiden Untersuchungsleiter unterstützen die Probanden immer wieder kräftig verbal und sind regelmäßig erstaunt, wenn sie die Berichte der Probanden von ihren Wettkampfleistungen hören und wie sie hier an ihrer Station den Muskel spielen lassen.

Philipp arbeitet im Rahmen seiner Masterarbeit an der Uni Regensburg zum Thema Quantifizierung von intramuskulärem Bindegewebe mit Ultraschall. Sarah schreibt ihre medizinische Doktorarbeit beim DLR bei Professor Jörn Rittweger zu den Auswirkungen des Alters auf die Muskel-Kontraktion und führt dafür die Messungen dieser Station durch. Dabei wird die Wadenmuskulatur per Ultraschall untersucht, um die Abläufe der Muskelmechanik während der Kontraktion zu analysieren: Die Muskelaktivität, der Bewegungswinkel des oberen Sprunggelenks und die Kraft der Wadenmuskulatur werden untersucht, der Ultraschall dient dabei als optische Referenz.

Team "Waden-Muskel-Ultraschall" der MAFS-Studie
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Interessant für Sarah und Philipp ist vor allem, wie sich die Muskeln in den Athleten-Altersgruppen von 35 bis über 100 Jahre unterscheiden und welche Varianz es in den unterschiedlichen Disziplinen, bei Männern und Frauen und bei den verschiedenen sportlichen Lebensgeschichten gibt. Einige Sportler haben auch erst vor ein paar Jahren mit ihrer heutigen Disziplin der Leichtathletik-Weltmeisterschaft angefangen, manche machen es schon ihr Leben lang. Viele haben ihre Disziplin mit dem Alter verändert und ihren Sport so den körperlichen Veränderungen angepasst. Sarah und Philipp sind fasziniert von ihrer Arbeit mit den Probanden: "Der soziale Kontakt und die persönlichen Geschichten sind einfach unglaublich. Sie können so viel Interessantes erzählen, sind sehr interessiert und ehrgeizig und wollen wissen, was sie besser machen können. Vor allem freuen wir uns daran, dass alle so sehr lebensfroh und positiv sind, egal, welche Schicksalsschläge sie schon erlebt haben."

Eine Probandin aus Finnland beim Waden-Muskel-Ultraschall
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Auch bei dieser Station ist es immer wieder eine Herausforderung, den unterschiedlichen Nationalitäten die Bewegungsabläufe zu erklären, damit sie auch richtig umgesetzt werden können. "Aber das klappt immer irgendwie!", so Philipp. "Sowohl von der Messung und den Daten als auch vom persönlichen Kontakt her freuen wir uns jeden Abend schon wieder auf die neuen Probanden am nächsten Tag!", so die einhellige Meinung von Sarah und Philipp.

Station Ruhe-Nüchtern-Umsatz - Natia Rittweger und Irmtrud Schrage-Knoll, DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin

An dieser Station im hinteren Teil des MAFS-Raums, durch Trennwände abgeschirmt von den restlichen Stationen, wird der Ruhe-Nüchtern-Umsatz durch indirekte Kalorimetrie bestimmt, indem der Sauerstoffverbrauch und die Kohlendioxidabgabe gemessen werden. Dafür liegen die Probanden für 30 Minuten ruhig unter einer sogenannten Canopy-Haube. Auf zwei Liegen werden gleichzeitig zwei Probanden über die Untersuchung informiert und vorbereitet. Während der Messung passen Natia und Irmi auf, dass die Probanden entspannt sind, ohne dabei einzuschlafen, da der Ruhe-Nüchtern-Umsatz sich im Schlaf senkt und der Wert damit verfälscht würde. Wach zu bleiben ist für die Athleten in dieser Situation nicht immer einfach, da sie in teilweise hohem Alter bei den spanischen Temperaturen und während ihrer Wettkämpfe sehr beansprucht sind. Nicken sie doch einmal ein, werden sie sanft von den Untersuchungsleiterinnen geweckt. Anschließend werden sie vom Team mit einem Frühstück versorgt, um für den Tag gerüstet zu sein, was sie gerne annehmen.
  

Zwei Probanden unter der Canopy-Haube
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Station Bioimpedanz - Mieszko Brikis, Medizinstudent und DLR-Praktikant

Bei der Station Bioimpedanz von Medizinstudent Mieszko, der derzeit im DLR ein Praktikum absolviert, werden die verschiedenen Anteile von Skelettmuskelmasse mithilfe einer Körperzusammensetzungsanalyse gemessen. Mieszko erklärt den Probanden, dass das Gerät die unterschiedliche Leitfähigkeit von Muskulatur und Fett nutzt, um das Körperfett und die Skelettmuskelmasse mit ihrem jeweiligen Anteil vom Gesamtkörpergewicht zu bestimmen. Mit neueren Messgeräten können so genauere Werte in den verschiedenen Extremitäten (rechter/linker Arm, Rumpf, rechtes/linkes Bein) erfasst werden.

Ein Proband aus der Schweiz an der Station Bioimpedanz
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Diese Ergebnisse tragen unter anderem dazu bei, Referenzwerte für Alters-Athleten zu bestimmen.
Mieszko ist begeistert von der Arbeit mit den Athleten: "Der tägliche Kontakt und die Ergebnisauswertung mit Sportlern unterschiedlicher Altersklassen und verschiedener Sportdisziplinen haben mich dazu motiviert, über eine neue Spezialisierung nach meinem Studium nachzudenken. Als Medizinstudent hat man eher selten die Möglichkeit, an einer Feldstudie wie der MAFS-Studie hier in Málaga teilzunehmen. Ich schätze diese Erfahrung sehr und nehme selber sehr viel mehr mit als nur die Ergebnisse meiner Untersuchungen."

Station "Questionnaires" - Savannah Wooten und Sten Stray-Gundersen, Universität Texas

Mit umfangreichen Fragebögen zu ihrer persönlichen Geschichte möchten die Kollegen aus Texas herausfinden, welche Lebensumstände die Athleten haben und wie diese das Training und die Leistung der Sportler beeinflussen. Dabei helfen sie immer wieder bei der Bedienung der Tablets und klären über die vielfältigen Fragen auf.

Savannah vom MAFS-Team mit einem deutschen Probanden
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Savannah Wooten, Ph.D. Student, Cardiovascular Aging Research Laboratory, University of Texas at Austin, USA: "It is incredible to work with people from all over the world. There is a genuine sense of excitement that the participants have. They want to know more about their bodies and health status and it is great to be able to provide them with that knowledge. The questionnaires that the participants receive allow them to gain self-awareness and provoke thoughts about how exercise, diet, sleep, and mood impact their performance."

Sten Stray-Gundersen, Masters Student, Cardiovascular Aging Research Laboratory, University of Texas at Austin, USA: "One of the most incredible characteristics that many of these Masters athletes shared was their perspective on life. When administering the questionnaires, I found that almost all of the subjects had an exceptionally positive outlook on their past experiences and current life situation. Most, if not all of the participants felt blessed to be able to compete and represent their country in these Masters Championships."

MAFS-Mitglied Sten und Probandin Dorothee
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Station Vertikaler Sprungtest und einbeinige Sprünge - Edwin Mulder, DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin

An dieser Station wird von den Probanden körperlicher Einsatz verlangt und sie werden von Edwin Mulder entsprechend lautstark angefeuert: Während der vertikalen Sprünge, die aus der Grundstellung ausgeführt werden, motiviert er die Probanden immer mit seinen "Hep, Hep, Hep"-Rufen, damit sie noch mehr geben. Dabei stützen die Probanden die Hände in die Hüfte, so dass keine Ausholbewegung der Arme stattfindet.

Springen unter Aufsicht: Insgesamt drei Mal springen die Probanden so hoch wie möglich.
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Ziel ist es, so hoch wie möglich zu springen. Anschließend werden pro Bein einbeinige Sprünge aus dem Sprunggelenk absolviert, wobei die Probanden sich dabei so steif wie möglich bewegen sollen. Die Sprünge werden drei Mal wiederholt, die beste Leistung zählt. Edwin über die Athleten-Sprünge: "Die meisten Athletinnen und Athleten springen besser als untrainierte Personen, meist sind die vertikalen und einbeinigen Sprünge aber unterschiedlich gut. Interessanterweise gibt es bei den einbeinigen Sprüngen keinen Unterschied zwischen rechts und links. Alle Probanden finden den Test anstrengend, aber ihr Ehrgeiz wird geweckt und sie strengen sich sehr an. Wir haben jede Menge Spaß!"

Station Echokardiographie und Pulswellenanalyse - Fabian Hoffmann und Stefan Möstl, DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin

Es ist allgemein bekannt, dass Sport das Herzkreislaufsystem jung hält. Bei dieser Station möchten wir herausfinden, ob man mit lebenslangem Sport bis ins hohe Alter den Alterungsprozess verlangsamen kann und wie sich dieser Prozess am Herzen darstellt. Dafür schauen wir uns das Herz der Athletinnen und Athleten mit Ultraschall sehr genau an bezüglich seiner Dimension als auch seiner Funktion: Die Größe, die Wanddicke, das Volumen der Herz-Kammern werden festgestellt und ob die Klappen dicht sind.

Herzecho messen bei einer Probandin aus den USA
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Außerdem wird die Flussgeschwindigkeit gemessen und der Bewegungsablauf des Herzmuskels untersucht. Bei der Pulswellenanalyse wird außerdem die Steifigkeit der Gefäße analysiert. Stefan Möstl und Fabian Hoffmann zu ihrer Untersuchungsmethode: "Mit der kombinierten Information aus unseren beiden Untersuchungsteilen können wir uns ein genaues Gesamtbild des Herzkreislaufsystems der Athleten machen. Die Daten beider Untersuchungen werden synchron aufgezeichnet. Das Blutdruckmessgerät für die Pulswellenanalyse hat eine neuartige Methode und unsere Ergebnisse aus der MAFS-Studie tragen dazu bei, diese Methode zu verbessern. Ein solches Gerät fliegt in den nächsten Wochen auch auf die Internationale Raumstation, um dort ähnliche Untersuchungen an Kosmonauten vorzunehmen."
Die Athletinnen und Athleten freuen sich, dass Fabian und Stefan ihnen die Funktion ihres Herzens erläutern: "Die Athleten sind sehr dankbar für diese Untersuchungsmöglichkeit, weil sie auch nicht immer eine Gelegenheit für eine solche Funktionsanalyse haben. Sie machen alle sehr gerne mit und sind sehr beeindruckt, ihr eigenes Herz live auf dem Bildschirm beobachten zu können."

Nicht nur für die DLR-Wissenschaftler spannend: Auch die Probanden waren fasziniert, ihr Herz auf dem Bildschirm beobachten zu können.
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