Stromabfall beim ISS-Experiment MFX-2
Zeit ist ein kostbares Gut. Vor allem in einem so einzigartigen Laborkomplex wie der internationalen Raumstation ISS. Wenn einmal etwas nicht nach Plan läuft, bringt das Hektik und Stress für Planer, Wissenschaftler und alle nachfolgenden Experimentatoren, die schon sehnsüchtig auf ihr Zeitfenster warten. Letzte Woche betraf es den Planetensimulator MFX-2 vom DLR. Nach einem unerwarteten Stromabfall gab es einen Neustart. Die Daten waren verloren. Möglicherweise hat der Stromabfall die Startdatei auf dem USB-Boot-Stick zerstört. Eine andere Möglichkeit ist, dass der Boot-Stick durch die erhöhte Strahlung in 400 Kilometern Höhe beschädigt wurde.
Die Fehlersuche dauerte die gesamte Woche und wurde anhand neuer Konfigurationen und weiterer Probenläufe eingegrenzt. Das Experiment ist nach einem strikten Design-to-Cost entstanden. Darum verfügt es nicht über ausgeprägte Kommandomöglichkeiten vom Boden aus. Dies hätte deutlich höhere Entwicklungs- und Qualifikationskosten bedeutet. Die Finanzmittel waren dafür einfach nicht vorhanden.
Am Freitag der vorletzten Woche entschieden wir, den Reserve-Stick zu verwenden und ab etwa 9 Uhr lief MFX-2 mit der siebten von insgesamt zwölf Materialproben für einige Stunden. Falls alles klappt, reicht der Datensatz, der bei einer einzigen Erdumrundung generiert wird. Dies wussten wir aber erst am letzten Dienstag, denn in der letzten Woche stand erstmal EML auf dem Programm, der Elektromagnetische Levitator, ein Hightech-Schmelzofen. Da MFX-2 im selben Rack wie EML untergebracht ist, können die beiden Experimente nicht parallel betrieben werden. Aber ab heute können wir die restlichen sechs Proben durchmessen.
Bis zum 10. August müssen wir mit den Messkampagnen von MFX-2 fertig sein. Dann benötigt die NASA die Vakuum- und Kühlwasseranschlüsse für eine andere Anlage. Das heißt: Daumen drücken. Die meisten wissenschaftlichen Daten haben wir aber. Das Troubleshooting hat natürlich etwas mehr Crewzeit gekostet. Zum Glück hat Alexander Gerst die neue Video-Monitoring-Einheit beim Fluid Science Lab schneller als in den geplanten fünfeinhalb Stunden eingebaut. Er holte eine satte halbe Stunde heraus. Eine super Leistung. Ansonsten gab es sehr viel Comissioning, also die Vorbereitung von Anlagen für Experimentläufe, wie zum Beispiel im Biolab.
Astronaut Gerst hat dabei kleine Markierungen auf seinem Anzug getragen. Die Sensoren vom DLR-Experiment Wireless Compose aus Bremen haben während der Arbeiten kontinuierlich seine Bewegungen im COLUMBUS-Labor aufgezeichnet und ein Bewegungsprofil erstellt. So lässt sich herausfinden, ob die Anlagen, Werkzeuge und Hilfsmittel richtig angeordnet sind und die Zeit so effizient wie möglich genutzt werden kann. Mit Überwachung am Arbeitsplatz unseres Astronauten hat das nichts zu tun. Vielmehr geht es darum, mit diesen Erkenntnissen Prozeduren zu verbessern und bereits jetzt für zukünftige Weltraumlabore zu lernen, die der ISS eines Tages nachfolgen. Raumfahrt auf der ISS ist jeden Tag anders - aber immer spannend.
Das Experiment auf einen Blick
Tags: