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Bettruhe-Studie Teil 7: Standardisierte Ernährung der Probanden

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DLR (CC-BY 3.0)

"Wir ernähren die Probanden nicht extra gesund. Aber dennoch sind die ausgewogenen Ernährungspläne gesünder als die alltägliche Nahrungsaufnahme der meisten Menschen", erklärt Olga Hand. Sie ist Diplomernährungswissenschaftlerin und hat gemeinsam mit einer Diätassistentin das Ernährungspaket für die Bettruhe-Studie VaPER erstellt. Dabei lag der Fokus darauf, dass das Essen standardisiert ist und die Probandinnen und Probanden ihr Gewicht halten.  "Die Ernährung soll so sein, dass sie keinen Einfluss auf Studien-Ergebnisse haben kann. Hat ein Proband etwa Knochenmasse während der Bettruhe verloren, so liegt das auf keinen Fall an Calcium-Mangel", beschreibt Hand das Ziel der genau überwachten Ernährung.

Was bedeutet "standardisierte Ernährung"?

Vom Auftraggeber der VaPER-Studie, der amerikanischen Raumfahrtagentur NASA, wurden bestimmte Bedingungen genannt, zum Beispiel, welche Mengen Eiweiß jeder Proband zu sich nehmen soll. Aufgrund der Anforderungen wird für jeden Proband individuell eine Liste aufgestellt und errechnet, wie viel Energie die jeweilige Person braucht. Dafür gibt es die sogenannte WHO Formel.

 
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FAO/WHO/UNU Expert Consultation

"Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um festzustellen, wie viel Energie ein Mensch pro Tag benötigt", weist Olga Hand auf, "bei der VaPER Studie arbeiten wir mit einer Formel, die sich aus Alter, Gewicht sowie Geschlecht ableitet. Damit berechnen wir den Grundumsatz, also das, was man braucht, wenn man nur liegt und nicht verdauen muss und sich nicht aufheizen muss, also bei 22 Grad Raumtemperatur."
Zu Beginn der Studie Anfang Oktober wurde der errechnete Wert mit einem Faktor von 1,6 verwendet, dem physical activity level. Die ersten beiden Wochen waren die Probanden zur Vorbereitung nämlich noch auf den Beinen in der Probandenstation unterwegs, bevor sie sich für 30 Tage ins Bett legten. Für die Liegephase wird ein Faktor von 1,3 genommen, da die Bewegungen eingeschränkt sind.

Es wird gegessen, was auf den Teller kommt

Alle Probanden erhalten das gleiche Menü, das mengenmäßig mit Hilfe der Formel individuell aufs Gramm genau angepasst wird. Was das Essen betrifft, so können die Studienteilnehmer nicht mitbestimmen. "Bei der Auswahl der Menüs versuchen wir, recht normale Speisen zu nehmen, gespickt mit einigen Highlights. Zum Beispiel Milchreis: Die einen mögen es und freuen sich, für andere ist das nur okay", erklärt Hand, "dafür freuen sich dann andere, wenn es am nächsten Tag Pfannkuchen mit Heidelbeeren gibt."
Aufessen müssen die Probanden alles, was ihnen vorgesetzt wird. "Ein bisschen können wir auf Vorlieben eingehen: die Waffel warm oder kalt  essen oder einzelne Bestandteile des Essens in einem extra Schälchen servieren. Wichtig ist, dass am Ende alles aufgegessen ist", beschreibt die Ernährungsexpertin den detaillierten Essensplan. "Das Essen ist natürlich immer ein Thema unter den Probanden." Deswegen sei Abwechslung wichtig, eben nicht nur gesund, sondern auch mal was Süßes. 14 Menüpläne haben Olga Hand und ihre Kollegin Martina Grund aufgestellt, die im Laufe der Studie rotieren.

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DLR (CC-BY 3.0)

Hohe Anforderungen an die Lebensmittel

Um den Menüplan zu erstellen, müssen aber weitere Faktoren bedacht werden: "Es dürfen keine Zusatzstoffe wie künstliche Süßungsmittel in den Lebensmitteln sein, auch  Kakao, Kräutertee oder Kaffee sind nicht erlaubt.", beschreibt Hand, "Die Lebensmittel sollten außerdem gut herzustellen, vorzubereiten und haltbar sein." Brot, Soßen, Dressings, Waffeln und Müslimischungen werden vom Küchen-Team selber zubereitet, "weil wir dann genau wissen, was drin ist."
"Lebensmittel mit nur einem Nährstoff sind super!", sagt Hand lachend. Dadurch, dass erstmals auch Frauen an der Studie teilnehmen, variiert das Gewicht der Probanden natürlich erheblich. So muss ein Essen die Nährwerte für einen 85 Kilogramm schweren Mann genauso abdecken wie für eine 58 Kilogramm schwere Frau. "Deshalb achten wird auch darauf, ein paar Stellschrauben im Menüplan zu haben". Salz ist zum Beispiel so etwas: Die Nudeln werden komplett ohne gekocht – das wird erst im Nachhinein für jeden Proband einzeln abgewogen darüber gestreut. Würde man nämlich andere Bestandteile ändern, wie etwa Quark, so ändern sich direkt ein Dutzend andere Parameter mit.

Aufs Gramm genau

In der stationseigenen Küche gibt es vier Dienste, die sich um das leibliche Wohl der Probanden kümmern. Dort werden alle Lebensmittel und Getränke grob abgewogen, geschnitten, zubereitet und dann nochmal abgekühlt, bevor die genauen Mengen abgewogen werden. Durch das Verdampfen ändert sich das Gewicht nämlich nochmal, weswegen das Essen zunächst abgekühlt und dann erst abgewogen und auf die Teller verteilt wird. "Natürlich bekommen die Probanden ihr Essen nicht kalt – die Speisen werden im Kombi-Dampfgarer wieder aufgewärmt", stellt Olga Hand klar.
Sollte mal etwas runterfallen oder ausschütten, dann wird versucht, das möglichst genau zu ersetzen. So wird ein verschüttetes Getränk mit der Serviette aufgesogen, gewogen und aufs Gramm genau ersetzt. "Nach den zwei Monaten fällt es einem richtig schwer, zu Hause einen normalen Kuchen zu backen", merkt Hand lachend an, "dabei ist es dort ja nun wirklich nicht dramatisch, wenn 202 Gramm Mehl statt 200 im Kuchen sind!"

VaPER (VIIP and Psychological :envihab Research Study)

Für die VaPER-Studie legen sich 12 Probanden im DLR für 30 Tage bei einer Sechs-Grad-Kopftieflage ins Bett. Ihr Körper erfährt dabei ähnliche Veränderungen wie der von Astronauten in Schwerelosigkeit, was sich Wissenschaftler zunutze machen, um jene Veränderungen genauer zu untersuchen. Der Fokus von VaPER (VIIP and Psychological :envihab Research Study) liegt sowohl auf der Untersuchung von physiologischen und psychologischen Auswirkungen als auch auf dem VIIP-Syndrom (Visual Impairment and Intracranial Pressure), das Sehstörungen und erhöhten Hirndruck bei Astronauten in Schwerelosigkeit beschreibt. Die Studie wurde von der amerikanischen Raumfahrtagentur NASA in Auftrag gegeben und wird vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin durchgeführt.

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