Herzlichen Glückwunsch, Columbus!
Der eigentliche Start kann dann nur mit "unwirklich" beschrieben werden. Nicht, dass wir uns nicht viele Jahre genau auf diesen Moment vorbereitet hätten – aber dass jetzt wirklich zunächst die drei schwenkbaren Düsen der Raumfähre und kurz darauf auch die beiden Feststoffbooster ihre enorme Energie entfesselten und die Atlantis sich jetzt tatsächlich mit Columbus in ihren Eingeweiden vom Launch Pad löste, das mussten viele von uns erst einmal verdauen. Und ein paar Augenblicke später war das Space Shuttle auf unserem Live-Video aus Cape Canaveral nur noch ein winziger Punkt – und die Startrampe nicht mehr sichtbar in all dem Rauch, der so schwarz war wie der Himmel über Florida, der den Countdown zu einem puren Nervenkitzel gemacht hatte: Immer wieder gaben die Wetterverantwortlichen "no go" für den Start – kurz darauf dann wieder "Go", weil sich die Prognose etwas verbessert hatte.
Vor dem Hintergrund des blauen Atlantischen Ozeans hebt das Space Shuttle Atlantis mit seiner Besatzung von sieben Astronauten vom Kennedy Space Center ab - der Beginn der Mission STS-122 zur Internationalen Raumstation ISS. Bild: NASA/Jim Grossmann.
Die ersten Tage der Mission vor dem Andocken an der ISS waren für uns die Gelegenheit, einen crash-Kurs in "Real Ops“ zu machen: Zwar hatten wir in unzähligen Simulationen die Mission mit allen möglichen Fehlerszenarien und auch zusammen mit NASA durchgespielt, aber viele Prozesse konnten nur schwer oder gar nicht simuliert werden – die mussten wir jetzt in aller Eile in der realen Welt kennenlernen.
Nachdem sich dann das Shuttle in einer komplexen Choreografie an die ISS angenähert hatte und schliesslich fest verankert worden war, wurde es dann wirklich ernst für uns: Mithilfe der Roboterarme und unterstützt durch die Astronauten in ihren Raumanzügen wurde Columbus aus der Atlantis herausgehoben und am "Node 2" der ISS installiert. Dann begann die Aktivierung des Moduls – ein Zusammenspiel zwischen der Crew, den Kollegen der NASA in Houston und uns – und damit unsere Feuertaufe als Columbus-Kontrollzentrum.
Montage des Columbus-Moduls an der Internationalen Raumstation ISS. Bild: ESA/NASA.
Die 1E-Mission bleibt uns allen als ein absolutes Highlight unseres Arbeitslebens in Erinnerung: Nie mehr danach und auch noch nie zuvor war ein europäisches Kontrollzentrum so eng mit einer Space Shuttle-Mission verknüpft. Viele von uns waren mit dem amerikanischen Shuttle-Programm groß geworden, hatten frühe Missionen aufgeregt im Fernsehen verfolgt oder etwa mit Lego nachgespielt – und jetzt war man selbst unmittelbar und direkt in einer solchen Mission dabei.
Auch im Rückblick, mit mehreren Jahren Abstand und mit der Routine von heute läuft es mir immer noch kalt den Rücken herunter, wenn ich an die Momente zurückdenke, in denen ich hochnervös dem Funkverkehr mit den Astronauten während ihrer Extra-vehicular Activity, dem Außenbordeinsatz, lauschte und in Gedanken unzählige Male die paar Kommandos durchgespielte – mit allen möglichen Fehlermöglichkeiten –, die ich auf Anfrage aus Houston schnell zu schicken hatte, um einen Kontakt stromlos zu schalten und den Weltraumaussteigern die Installation der externen Experimentplattform SOLAR zu erlauben …
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