Der erste Kriseneinsatz von TanDEM-X
Radarbilder sind das wohl bewährteste Mittel, um relativ glatte Flächen, im Radarbild tiefdunkel dargestellt, von der unruhigeren, helleren Umgebung zu unterscheiden. Dies kann man nutzen, um Hochwasser zu detektieren oder auch Ölflecken auf der ansonsten windgekräuselten Meeresoberfläche zu entdecken. Nun ist aber nicht nur Wasser dunkel, auch einige Äcker oder Wege sind es, und manchmal ist Wasser sogar sehr hell im Radarbild - zum Beipiel wenn starke Strömungen herrschen und die Flussläufe geradezu aufgewirbelt werden. Die Kartierung von Flutgebieten mit Radarbildern erfordert also viel Expertenwissen. Aber es gibt auch ergänzende Techniken zur Unterstützung der Flutkartierung, die jetzt mit TanDEM-X möglich sind.
Wenn die Zwillingssatelliten TerraSAR-X und TanDEM-X so wie jetzt im Abstand von 3 Sekunden über das gleiche Gebiet fliegen, sehen sie praktisch die gleichen Radar-Reflektionen vom Boden. Nur die Geländehöhen, unter verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, führen zu minimalen Unterschieden. So können beide Aufnahmen interferometrisch verarbeitet und auch zu Höhenmodellen (Digital Elevation Models, DEM) prozessiert werden. Aber manches verändert sich doch in den 3 Sekunden zwischen den Aufnahmen für die empfindlichen Radarstrahlen mit nur 3 Zentimeter Wellenlänge. Das ist vor allem die Radar-Rückstreung von Wasserflächen und teilweise auch die von Vegetation (zum Beispiel Bewegung von Blättern im Wind). Das führt zu Phasenrauschen in den Interferogrammen oder sogenannter Inkohärenz. Die beiden Radaraufnahmen zeigen hier einfach nicht das gleiche Bild.
Wenn beide Satelliten in zwei Monaten in die enge Formation überführt werden, verschwinden diese Unterschiede größtenteils. Das was jetzt als "Störung" bei der Produktion von DEMs ein manchmal ärgerlicher Effekt ist, trägt aber auch sehr viel Information über die Szene in sich. So kann aus dem Grad der Kohärenz beider Radarbilder direkt geschlossen werden, wo kein Wasser ist oder der Wasserstand nicht sonderlich hoch sein kann, da noch genug Signal von Felsen, Häusern, Bäumen oder andern Objekten am Boden zurückkommt.
Auch wenn der TanDEM-X-Satellit noch gar nicht vollständig kalibriert ist und die Comissioning Phase vollgepackt mit Tests und Experimenten ist, wurde die Idee, mit TanDEM-X zu helfen, sofort aufgegriffen und vom gesamten Comissioning-Phase-Team direkt umgesetzt. So konnte hier erstmals das TanDEM-X-Gespann eingesetzt werden, um eine vom ZKI geplante TerraSAR-X-Aufnahme von Pakistan mit TanDEM-X zu ergänzen und interferometrisch zu verarbeiten.
Links die Bildhelligkeitsstatistik, in der Mitte die interferometrische Phase und rechts die inkohärenten Gebiete in Blau markiert. Bild: DLR.
Die Bilder zeigen einen kurzen Ausschnitt aus einem längern Aufnahmestreifen mit der Stadt Dera Ismail Kahn als heller Fleck am Fluss. Links ist die Radarhelligkeits-Statistik abgebildet, bei der die hellen Städte aus den großen, teilweise sehr dunklen Flächen hervorstechen. Besonders deutlich sind hier die hellen, reißenden Wassermassen im Fluss zu erkennen. Das mittlere Bild zeigt die interferometrische Phase zwischen TanDEM-X und TerraSAR-X – hier sind inkohärente Stellen verrauscht. Im rechten Bild sind die Gebiete blau markiert, in denen die Kohärenz niedrig ist; ein Hinweis auf Überflutungsgebiete. Markant ist auch der Unterschied zwischen den bewohnten, dunklen Flächen oben links, die aber relativ kohärent sind und somit nicht tief unter Wasser stehen können. Der Ausschnitt unten zeigt wie Feldgrenzen aus dem Wasser ragen.
Die interferometrischen TanDEM-X Daten konnten dem ZKI wenige Stunden nach den Aufnahmen zur Unterstützung der Flutkartierung zur Verfügung gestellt werden. Das TanDEM-X Team hofft natürlich, dass solche Kriseneinsätze nicht oft nötig werden - aber falls doch, ist die Technik und das Team im Notfall einsatzbereit.
Ein Ausschnitt aus der TanDEM-X-Aufnahme mit inkohärenten, wahrscheinlich überfluteten, Gebieten schwarz markiert. Bild: DLR.
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