| Raumfahrt

Blickkontakt der Satelliten

In den letzten drei Monaten konnte das Raumfahrtkontrollzentrum den sicheren und präzisen Formationsflug von TerraSAR-X und TanDEM-X in 20 Kilometer Entfernung erfolgreich demonstrieren. Nun wurde die Freigabe für den engen Formationsflug erteilt, bei dem erstmals zeitgleiche Radar-Beobachtungen möglich werden, ohne die das gemeinsame Missionsziel - ein dreidimensionales Höhenmodell der gesamten Erdoberfläche - nicht erreicht werden kann.

Die innerhalb von drei Tagen durchgeführte Formationsänderung ist im Bild oben dargestellt. Beide Satelliten fliegen in die Bildebene hinein, und die Erdoberfläche befindet sich 514 Kilometer unter den Satelliten. Einmal pro Erdumlauf (etwa 95 Minuten) bewegt sich TanDEM-X (TDX) auf einer elliptischen Relativbahn entgegen dem Uhrzeigersinn um TerraSAR-X (TSX). Die grüne Ellipse beschreibt die ursprüngliche Formation, wie sie im Zeitraum vom 22. Juli bis 10. Oktober eingestellt war. Nicht dargestellt ist die dritte Dimension: die Trennung der Satelliten in Flugrichtung, die hier noch 20 Kilometer betrug. Infolge der auf TanDEM-X durchgeführten Bahnmanöver gelangte dieser zunächst auf die rote Ellipse, dann auf die schwarze, die magenta-farbene und schließlich auf die blaue Kurve. Dabei wurde schrittweise der horizontale Abstand von 1305 auf 362 Meter verringert und der vertikale Abstand von 300 auf 400 Meter vergrößert.

Die AOCS-Kollegen
Die AOCS-Kollegen

Durch das erste Manöver (Übergang grün-rot) wurde die Bahnhöhe so geändert, dass sich die Umlaufzeit von TanDEM-X um nur 87 Millisekunden verkürzte. TanDEM-X wurde dadurch geringfügig schneller als TerraSAR-X und holte die 20 Kilomter Vorsprung innerhalb von zwei Tagen auf. Die Annäherung erfolgte im "Schneckentempo" mit etwa 0,4 Kilometer pro Stunde - zum Vergleich: Ein Fußgänger bewegt sich mit etwa fünf Kilometer pro Stunde. Die blaue Ellipse soll nun für die Dauer der bi-statischen Instrument-Kalibrierphase beibehalten werden.

Besondere Aufmerksamkeit während der Annäherung erhielt der sogenannte Inter-Satellite-Link (ISL), eine Datenübertragung von TerraSAR-X nach TanDEM-X. Zu Beginn der Annäherungsphase wurde der ISL aktiviert, um so experimentell festzustellen, ab welcher Entfernung zum ersten Mal Daten übertragen werden. Eine spannende Aufgabe für das Team im Kontrollraum. Am 13.10. um 3 Uhr nachts war es so weit: Während eines TanDEM-X-Kontaktes mit der DLR-Bodenstation in Inuvik konnten erstmals die von TSX and TDX übertragenen Informationen eingesehen werden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Satelliten noch fünf Kilometer voneinander entfernt. Mit abnehmender Entfernung wurde die Datenübertragung immer stabiler, und die volle Funktionsfähigkeit konnte nachgewiesen werden.

Mitarbeiter der Abteilung Raumflugtechnologie
Mitarbeiter der Abteilung Raumflugtechnologie

Damit wurde der Grundstein für eine weitere Neuheit gelegt: Das TanDEM-X Autonomous Formation Flying System (kurz TAFF) konnte endlich aktiviert werden. Die vom DLR/GSOC entwickelte Flug-Software TAFF erhält über den Inter-Satellite Link kontinuierlich Bahninformationen von TerraSAR-X, die es gemeinsam mit den eigenen TanDEM-X-Bahndaten filtert und so eine Relativbahnbestimmung durchführt, also im einfachsten Fall eine Abstandsmessung. Dabei werden auch die Abweichungen zur Zielformation bestimmt und über Telemetrie dem Betriebsteam mitgeteilt. In einer langen Testphase muss sich TAFF nun beweisen. Funktioniert es zuverlässig und genau, so darf TAFF zukünftig die täglichen Kaltgas-Manöver zur genauen Einstellung der Formation autonom ausführen.
 

Bild oben: Formationsänderungen der Umlaufbahnen

Bild Mitte: Die AOCS-Kollegen Jaap Herman und Sebastian Löw (vorne) prüfen die TanDEM-X-Telemetrie während eines Weilheim-Kontakts und aktivieren TAFF (TanDEM-X Autonomous Formation Flying System).

Bild unten: Donnerstag, 14.10., 10 Uhr: TAFF (TanDEM-X Autonomous Formation Flying System) funktioniert auf Anhieb. Die Telemetrie zeigt eine sehr gute Übereinstimmung von TAFF-Lösung und kommandierten Zielparametern - sehr zur Freude der Mitarbeiter der Abteilung Raumflugtechnologie: Oliver Montenbruck, Simone D’Amico, Martin Wermuth, Ralph Kahle und Jean-Sebastien Ardaens (v.l.n.r.). (Bilder: DLR)