Installierte Fanstufe INFRa mit Kalibriereinlauf im Querwind-Windkanal des Instituts für Flugantriebe und Strömungsmaschinen (IFAS) der Technischen Universität Braunschweig.
Von links nach rechts: Jonas Grubert, Prof. Dr.-Ing. Jens Friedrichs (beide IFAS), Thomas Reis (Oswald Elektromotoren GmbH), Dirk Schönweitz (DLR Projektträger Luftfahrt), Sandra Kleemann (Oswald Elektromotoren GmbH), Maximilian Mennicken und Dr.-Ing. Rainer Schnell (DLR AT)
Bild: © Prof. Dr.-Ing. Jens Friedrichs
Das Ziel von EPIFAN
Um die Klimawirkung der Luftfahrt zu reduzieren, sind erhebliche Entwicklungen in den Bereichen neue Energieträger, neue Flugzeugkonzepte und Komponenten sowie alternative Antriebslösungen notwendig. Ein hybrid-elektrisches Antriebskonzept bestehend aus einem Elektromotor und grenzschichteinsaugendem Schuberzeuger ist hier ein vielversprechender Ansatz für Flugzeuge der Kurz- und Mittel- sowie Langstreckenklasse, da diese Flugzeuge den überwiegenden Anteil der im Luftverkehr verursachten Emissionen erzeugen. Ein Antrieb, der diese beiden Technologien kombiniert befindet sich am Rumpfende eines Flugzeugs. Gemeinsam mit der TU Braunschweig und Oswald Elektromotoren GmbH untersucht das DLR-Institut für Antriebstechnik im LuFo-geförderten Vorhaben EPIFAN (für Entwicklung eines hybrid-elektrischen Antriebsystems bestehend aus Elektromotor und grenzschichteinsaugendem Schuberzeuger mit experimenteller Erprobung im Off-Design) ein solches revolutionäres Antriebssystem.
Das Ziel des Antriebskonzeptes ist es, im Reiseflug die Energieverluste, die durch die Reibung zwischen dem Flugzeugrumpf und der umströmenden Luft entstehen, durch einen Schuberzeuger – in diesem Fall ein Elektromotor – auszugleichen und damit das Geschwindigkeitsdefizit aufzuheben. Durch die geringeren Eintrittsgeschwindigkeiten in den grenzschichteinsaugenden Schuberzeuger, ist der benötigte Treibstoffeintrag für die Schuberzeugung geringer. Da das Potential zur Treibstoffeinsparung durch den Widerstand des Flugzeugrumpfes begrenzt ist und damit auch die Leistungsklasse im Vergleich zu konventionellen Triebwerken geringer ausfällt, eignet sich für diese zusätzlichen Schuberzeuger eine hybrid-elektrische Leistungsbereitstellung. Ein weiterer Vorteil: Der Antrieb kann unter Nutzung von Wasserstoff auch zu einem hybrid-elektrischen Brennstoffzellen-Antrieb modifiziert werden.
Ein interdisziplinäres Konsortium arbeitet mit dem jeweiligen Fokus auf die elektrischen sowie aerodynamischen Komponenten zusammen. Die Expertinnen und Experten verknüpfen dabei ihr Fachwissen, mit dem Ziel einen hybrid-elektrischen Antriebsstrang zu spezifizieren, auszulegen und experimentell in bodennahen Betriebspunkten zu erproben. Verbundführer ist die Firma Oswald Elektromotoren GmbH, ein familiengeführtes Unternehmen spezialisiert auf individuelle Elektromotorenlösungen. Im Bereich der aerodynamischen Antriebskomponenten ist das Institut für Flugantriebe und Strömungsmaschinen (IFAS) der TU Braunschweig und das DLR-Institut für Antriebstechnik vertreten.
Beispiel für ein Flugzeugkonzept mir hybrid-elektrischem, grenzsichteinsaugenden Schuberzeuger am Rumpfende (Anmerkung: Die Forschungsarbeiten zu diesem Konzept liefen im Clean Sky 2 Projekt ADEC - Advanced Engine and Aircraft Configuration)
Bild: © DLR
Jede der obengenannten Projektphasen birgt einige Herausforderungen:
Spezifikation: Der positive Effekt der Grenzschichteinsaugung und der damit verbundenen Brennstoffeinsparung ist vorrangig im Reiseflug nutzbar. Mit Hinblick auf das Systemgewicht des Antriebs sollte deswegen vorrangig der Reiseflug für die Dimensionierung herangezogen werden. Nichtsdestotrotz müssen die weiteren Betriebspunkte einer Flugmission sicher und effizient durchfolgen werden können. Da gerade das luftatmende System eine von den Umgebungsbedingungen abhängige Leistungsanforderung aufweist, sind grade Betriebspunkte bei niedrigen Flughöhen und -geschwindigkeiten herausfordernd, da unter Berücksichtigung der oben genannten Auslegungsziele die Leistungsbereitstellung des Elektromotors limitiert ist. Der daraus resultierende Betrieb des Fans ist sowohl mit Hinblick auf Stabilität als auch Effizienz herausfordernd. Eine Möglichkeit zur simultanen Verbesserung beider Themenfelder ist eine Fanschaufelverstellung.
In der Detailauslegung, muss der spezifizierte Antriebsstrang ausgelegt werden. Hierbei werden sowohl die unterschiedlichen Betriebsbedingungen im Reiseflug als auch das bodennahe Off-Design berücksichtigt und in einen zu fertigenden Versuchsträger überführt werden. Daran anschließend findet eine umfangreiche numerische Bewertung der Fanstufe statt, aus der eine Testmatrix für die experimentelle Erprobung abgeleitet wird.
Die Erprobung in bodennahen Betriebspunkten des gesamten Antriebssystems ist in dieser Form einzigartig in der Forschungslandschaft. Die Integration des Elektromotors in der Fannabe, die Anbindung an einen Nabenkörper, der das Flugzeugheck repräsentiert als auch die Einbettung in eine Triebwerksgondel sind als charakteristische Alleinstellungsmerkmale zu nennen. Im Querwind-Windkanal des IFAS wird der gesamte Antriebsstrang hinsichtlich der Auslegungsziele als auch der stabilitätslimitierenden Strömungseffekte untersucht. Speziell bei grenzsichteinsaugenden Fanstufen erwartet das Projektteam durch die veränderte Auslegungsphilosophie eine Veränderung der Versagensmechanismen in Abhängigkeit von dem jeweiligen Off-Design Strömungsfeld (Richtung des Querwindes, Anstellwinkel, etc.).