Das Infrarot-Radiometer miniRAD
Das Radiometer miniRAD des DLR-Instituts für Planetenforschung wird die Oberflächenstrahlung des Marsmondes Phobos in sechs Wellenlängenbereichen des thermalen Infrarots messen, um die Oberflächentemperatur sowie die thermophysikalischen Eigenschaften der Oberfläche zu bestimmen. Darüber hinaus sollen Hinweise auf die mineralogische Zusammensetzung des Oberflächenmaterials gewonnen werden. Das Gesichtsfeld des Instrumentes deckt dabei einen Durchmesser von circa 50 Zentimetern auf dem Boden ab.
Messung tiefster Temperaturen
Das Hauptziel der wissenschaftlichen Messungen des miniRAD-Radiometers ist die Bestimmung der Oberflächentemperatur, die neben den Einstrahlungsbedingungen stark von den thermophysikalischen Eigenschaften der beobachteten Materialien abhängt. Vor allem die Wärmeleitfähigkeit des Materials bestimmt dabei, wie schnell und wie stark die Oberfläche auf Änderungen der Einstrahlung reagiert, wobei im Laufe des 7,8 Stunden andauernden Phobostages Temperaturen zwischen -150 und +20 Grad Celsius erwartet werden. Gerade die Messung der niedrigen Nachttemperaturen stellt dabei hohe Anforderungen an das Instrument, da die Leistung der abgestrahlten Infrarotstrahlung stark mit der sinkenden Temperatur abfällt.
Gerade die kalten Nachttemperaturen sind jedoch wissenschaftlich besonders interessant, da die Abstrahlung der während des Tages gesammelten Energie von Schatten, bedingt durch die lokalen Topographie und die Rauigkeit der Oberfläche, beeinflusst wird. Die Herausforderung besteht darin, diesen Faktor in der Datenauswertung von den unterschiedlichen Materialien zu separieren. Andererseits sind die nachts gewonnenen Daten weniger von der Topographie und der Oberflächen-Rauigkeit betroffen, was die Interpretation der Daten sehr vereinfacht.
Für die Messung der tiefen Nachttemperaturen wurden die bereits in den Projekten MASCOT und InSight genutzten Thermopilesensoren noch einmal optimiert. Auch die Auswahl der Infrarotfilter wurde angepasst, um die abgestrahlte Energie auch in Bereichen jenseits von 14 Mikrometern messen zu können.
Darüber hinaus muss die Temperatur des Sensorkopfes (Abbildung 1) homogen und sehr stabil sein, was hohe Anforderungen an das Thermaldesign des Instrumentes stellt. Hier wurden durch die Auswahl der Beschichtungen und verwendeten Materialien Maßnahmen ergriffen, um den Sensorkopf thermisch optimal vom Rover abzukoppeln.
Um die Stabilität und wissenschaftliche Leistungsfähigkeit der Sensoren während der elfmonatigen Anflugphase sicherzustellen und die Kalibrierung der Sensoren zu überprüfen, führt der Rover einen Kalibrierstrahler mit (Abbildung 2), der während der Flugphase im Gesichtsfeld des miniRAD-Instrumentes montiert ist. Die Temperatur des Strahlers kann von der miniRAD-Elektronik geregelt werden, um einen genau definierten Strahlungsfluss zur Verfügung zu stellen. Mit dessen Hilfe kann die Kalibrierung der Sensoren überprüft werden.
Messungen auf unterschiedlichsten Skalen
Neben der Messung der Oberflächentemperatur, für die im miniRAD Instrument drei Kanäle genutzt werden, sind drei weitere Kanäle dafür ausgelegt, die mineralogischen Eigenschaften der Oberfläche zu charakterisieren. Insbesondere soll die Emissivität der Materialien in drei ausgewählten Infrarot-Wellenlängenbereichen bestimmt werden. Diese Daten ergänzen die vom Raman-Spektrometer RAX gewonnenen Daten und erlauben eine erste mineralogische Charakterisierung des Phobos-Oberflächenmaterials.
Durch die miniRAD-Messungen auf Skalen von 50 Zentimetern wird damit die Lücke zwischen den Beobachtungen des MMX-Orbiters sowie Messungen an Proben, die zur Erde zurückgebracht werden, geschlossen. Dadurch wird MMX somit spektrale Daten liefern und die Charakterisierung von Phobos-Oberflächenmaterial ermöglichen. Die räumlichen Skalen hierbei reichen von Millimetern bis Kilometern.
Mobilität und Zielauswahl
Durch die Fähigkeit des Rovers, verschiedene Ziele auf der Oberfläche anzusteuern, können die thermischen sowie die mineralogischen Eigenschaften von unterschiedlichen geologischen Einheiten getrennt voneinander bestimmt werden. Gerade die Unterschiede oder auch Ähnlichkeiten zwischen den Eigenschaften von granularem Lockermaterial, dem sogenannten Regolith, sowie von Gesteinsbrocken sind hier von besonderem Interesse. Aber auch die Identifizierung von möglichen Unterschieden in der geologischen Schichtung sowie räumliche spektrale Unterschiede sind von hohem wissenschaftlichem Interesse.
Da die thermischen Eigenschaften von Oberflächen eng mit ihren mechanischen Eigenschaften zusammenhängen, ermöglichen die miniRAD-Messungen auch Rückschlüsse auf den Entstehungsprozess des Regoliths, auf die vorherrschende Korngröße, Entstehungsgeschichte sowie den Prozess der Ablagerung. Zusätzlich können Informationen über die mechanische Festigkeit von Gestein abgeleitet werden, welche sich hoffentlich innerhalb der Reichweite des Rovers befinden.
MMX – Martian Moons eXploration
MMX ist eine Mission der japanischen Weltraumorganisation JAXA mit Beiträgen von NASA, ESA, der französischen Raumfahrtagentur CNES und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). CNES und DLR steuern zusammen einen 25 Kilogramm schweren Rover bei. Der deutsch-französische MMX-Rover wird unter gemeinsamer Leitung der beiden Partner entworfen und gebaut. Das DLR übernimmt dabei insbesondere die Entwicklung des Rover-Fahrwerks samt Carbonstruktur sowie des gesamten Aufricht- und Fortbewegungssystems. Zudem steuert das DLR das Verbindungs- und Separationssysten zur Muttersonde bei und stellt ein Raman-Spektrometer sowie ein Radiometer als wissenschaftliche Experimente. Diese werden die Oberflächenzusammensetzung und -beschaffenheit auf Phobos messen. Die CNES leistet wesentliche Beiträge mit Kamerasystemen zur räumlichen Orientierung und Erkundung auf der Oberfläche sowie zur Untersuchung der mechanischen Bodeneigenschaften. Darüber hinaus entwickelt die CNES das zentrale Service-Modul des Rovers inklusive des Onboard-Computers sowie des Energie- und Kommunikationssystems. Nach dem Start der MMX-Mission wird der Rover von Kontrollzentren der CNES in Toulouse (Frankreich) und des DLR in Köln betrieben.
Seitens des DLR sind unter der Leitung des Instituts für Robotik und Mechatronik zudem die Institute für Systemdynamik und Regelungstechnik, für Faserverbundleichtbau und Adaptronik, für Raumfahrtsysteme, für Optische Sensorsysteme, für Planetenforschung, für Softwaretechnologie sowie das Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (MUSC) beteiligt.
Die Mission MMX steht in der Tradition einer bereits langjährigen erfolgreichen Kooperation der Partner JAXA, CNES und DLR. Sie knüpft an die Vorgängermission Hayabusa2 an, bei der die JAXA eine Raumsonde zum Asteroiden Ryugu schickte mit dem deutsch-französischen Lander MASCOT an Bord. Am 3. Oktober 2018 landete MASCOT auf Ryugu und sendete spektakuläre Bilder einer faszinierenden zerklüfteten Landschaft aus Geröll und Steinen. Hayabusa2 nahm Proben von Ryugu und brachte diese am 6. Dezember 2020 zurück zur Erde.