TanDEM-X
Hierzu umkreisen zwei nahezu baugleiche Satelliten in rund 500 Kilometern Höhe die Erde und tasten die Oberfläche mit Radargeräten ab. Der erste der beiden Satelliten, TerraSAR-X, arbeitet bereits seit 2007 erfolgreich im All. Seit 2010 folgt ihm der nahezu baugleiche Satellit TanDEM-X. Beide fliegen nur wenige hundert Meter voneinander entfernt in enger Formation und ermöglichen so die gleichzeitige Aufnahme des Geländes aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Daraus werden präzise Höheninformationen in einem 12-Meter-Raster und mit einer vertikalen Genauigkeit von besser als zwei Meter abgeleitet.
Die Mission TanDEM-X
TanDEM-X und TerraSAR-X bilden das erste konfigurierbare SAR-Interferometer (SAR = Synthetic Aperture Radar) im Weltall. Der Satellit TanDEM-X ist ein Nachbau von TerraSAR-X mit geringfügigen Erweiterungen. Er besitzt ein zusätzliches Kaltgas-Antriebssystem und kann so seine Umlaufbahn für den Formationsflug mit TerraSAR-X sehr fein justieren. Außerdem empfängt TanDEM-X Lage- und Positionsdaten seines Zwillingssatelliten. Da SAR-Systeme mit ihren Radarsignalen die Erdoberfläche aktiv „beleuchten“, können Messungen rund um die Uhr, unabhängig vom Tageslicht durchgeführt werden. Zudem sind SAR-Systeme weitgehend unabhängig von den Wetterverhältnissen, da die Radarsignale in der Lage sind Wolken zu durchdringen. Gegenüber optischen Sensoren können Aufnahmen von der Erdoberfläche daher zu jedem beliebigen Zeitpunkt getätigt werden. Dies trägt erheblich zur Verlässlichkeit des gesamten Systems bei; eine Eigenschaft, die von vielen Nutzern zunehmend verlangt wird.
In der Zeit von 2011 bis 2015 haben beide Satelliten die komplette Landoberfläche der Erde, das sind 150 Millionen Quadratkilometer, mehrfach vollständig vermessen um das Hauptziel der Mission, die Erstellung des globalen digitalen Geländemodells (engl. Digital Elevation Model, DEM) zu gewährleisten. Das globale TanDEM-X Geländemodell hat eine hohe Messpunktdichte von 12 Meter mal 12 Meter und weist eine hohe vertikale Genauigkeit auf, die größtenteils besser als 1 Meter ist. Ferner ist es durchgehend homogen und bildet damit die Basis für ein weltweit einheitliches Kartenmaterial.
Die Produktion des globalen Geländemodells aus dem akquirierten Datensatz beider Satelliten wurde im September 2016 abgeschlossen. Dabei wurden etwa 3 Petabyte (das entspricht 3.000 Terabyte) an Daten zum finalen digitalen 3D-Kartenprodukt prozessiert, das jetzt in Form von 19.000 Kacheln zur Verfügung gestellt wird. Jede Kachel bildet ein Gebiet von 1 Grad mal 1 Grad (Längengrad mal Breitengrad) ab, entsprechend etwa 100 mal 100 Kilometer in Äquatornähe. Das globale TanDEM-X Geländemodell ist zudem in unterschiedlichen Produktvarianten mit einer Rasterweite von 12, 30 und 90 Metern erhältlich.
An die dreijährige Aufnahmephase für das globale Höhenmodell schloss sich eine Akquisitionsphase zur expliziten Bedienung wissenschaftlicher Wünsche an, beispielsweise zur Waldkartierung, Schnee- und Eisdetektion, der Beobachtung von Vulkanen, urbanen Gebieten, Meeresströmungen und zur Demonstration neuer Radartechniken um neue Anwendungen zu erschließen.
Analysiert man die Erdoberfläche mit der Genauigkeit von TanDEM-X, wird deutlich, dass es sich um ein äußerst dynamisches System handelt. Nicht nur Höhenveränderungen in Gletschern, Permafrostgebieten und Wäldern, sondern auch landwirtschaftliche Aktivitäten und Veränderungen in der Infrastruktur hinterlassen deutliche Spuren im digitalen Geländemodell. Daher wird seit September 2017 eine weitere vollständige Erfassung der Landmasse der Erde durchgeführt, um einen weiteren unabhängigen und einzigartigen Datensatz zu erhalten. Das daraus resultierende Produkt mit dem Namen „Change-DEM" wird es ermöglichen, topografische Veränderungen weltweit zu verfolgen.
Deutsches Schlüsselprojekt
Nach den erfolgreichen Space-Shuttle-Missionen SIR-C/X-SAR und SRTM, den europäischen Radarsatelliten ERS 1/2 und Envisat sowie dem seit 2007 erfolgreich arbeitenden TerraSAR-X stärkt TanDEM-X die wissenschaftlichen und kommerziellen Anwendungen der radargestützten Erdbeobachtung. Die Mission zeigt die deutsche Kompetenz in der satellitengestützten Radartechnik und ist das Ergebnis einer konsequenten Schwerpunktsetzung im nationalen Raumfahrtprogramm.
Öffentlich-private Partnerschaft
TanDEM-X wurde im Auftrag des DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) als Projekt in öffentlich-privater Partnerschaft (englisch: Public-private Partnership, PPP) mit Airbus Defence and Space (vormals Astrium) ins Leben gerufen.
Das DLR ist verantwortlich für die wissenschaftliche Nutzung der TanDEM-X-Daten, die Planung und Durchführung der Mission, die Steuerung der beiden Satelliten und die Erzeugung des digitalen Höhenmodells. Airbus Defence and Space hat den Satelliten gebaut und ist an den Kosten für Entwicklung und Nutzung beteiligt. Wie bei TerraSAR-X ist die Programmlinie „Geo-Intelligence" verantwortlich für die kommerzielle Vermarktung der TanDEM-X-Daten. Seit 2016 wird das Projekt im Rahmen einer Fortsetzungsvereinbarung mit Airbus weitergeführt.
TanDEM-X auf einen Blick: | |
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Start: | 21. Juni 2010 um 04.14 Uhr MESZ |
Ort: | Baikonur (Kasachstan) |
Trägerrakete: | Dnepr 1 |
Orbithöhe: | 514 Kilometer |
Inklination: | 97,4 Grad |
Satellitenmasse: | 1.330 Kilogramm |
Satellitengröße: | Höhe 5 Meter; Durchmesser 2,4 Meter |
Energieverbrauch: | 730 Watt (gemittelt) |
Missionsbetrieb: | Deutsches Raumfahrt-Kontrollzentrum (GSOC), Oberpfaffenhofen |
Kommandierung: | Bodenstation Weilheim |
Datenempfang: | Bodenstationen: Inuvik / Kanada, O'Higgins / Antarktis, |
Lebensdauer: | 5,5 Jahre (6,5 Jahre für Betriebsstoffe) |
Mittenfrequenz: | 9,65 GHz (X-Band) |
An der Mission beteiligt ist das DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme, das DLR-Institut für Methodik der Fernerkundung und die DLR-Einrichtung Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum, die gemeinsam das „SAR-Center of Excellence" bilden. Die Institute ergänzen sich durch eine Abdeckung aller relevanten Bereiche von der Sensortechnik und Missionsauslegung über die hochgenaue operationelle Prozessierung bis hin zu den veredelten Nutzerprodukten. Zusammen mit dem Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum des DLR sind sie zudem zuständig für den Aufbau des Bodensegmentes, also der Infrastruktur zum Betrieb der Satelliten und der Verarbeitung der Daten. Die wissenschaftliche Leitung obliegt dem DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme in Oberpfaffenhofen.