Wissenschaftlicher Projekthintergrund Kraftmessungen in Kurzzeitanlagen mit zur Verfügung stehenden Messzeiten in der Größenordnung von Millisekunden stellen eine hohe Herausforderung an die eingesetzte Messtechnik und Modelltechnik dar. Im HEG wurden bisher Spannungswellenwaagen zur Bestimmung von Auftrieb, Widerstand und Nickmoment eingesetzt. Mit dieser Technik wurden gute Ergebnisse erzielt, allerdings ist die Vorbereitung und Fertigung der Modelle sehr aufwendig. Pilotexperimente zum Einsatz der Freiflugmodelltechnik im HEG haben gezeigt, dass diese Technik ein hohes Potential sowohl zur Verbesserung der Messgenauigkeit wie auch der Verringerung des Konstruktions- und Fertigungsaufwandes in sich birgt. Aus diesem Grund soll die Freiflugmodelltechnik nun erstmals mit einem komplexen, ca. 1.5 m langen Windkanalmodell umgesetzt werden. Ziel der Messkampagne ist die Überprüfung der mit dem DLR TAU Verfahren vorhergesagten Eigenschaften der Wasserstoff/Sauerstoff-Verbrennung und der Schubentwicklung eines zukünftigen Hyperschalltriebwerkes.
Die Abbildung zeigt das Freiflugmodell an 4 Kevlarfäden aufgehängt in der Messstrecke des Hochenthalpiekanals Göttingen (HEG). Unterhalb des Modells ist die Auffangvorrichtung zu erkennen.
Herausforderungen in Konstruktion und Fertigung
Das Modell muss mit einer Zufuhr für gasförmigen Wasserstoff in die Brennkammer versehen werden, da die experimentelle Simulation der Verbrennungsprozesse ein wesentlicher Bestandteil der Messkampagne ist. Die durch den Wasserstoffeinsatz bestehenden Gefahren sind durch geeignete konstruktive Maßnahmen zu eliminieren. Die Anbindung der Messtechnik und der Wasserstoffversorgung erfolgt möglichst kräfte- und momentenfrei, um die während der Freiflugphase auftretenden Modellbewegungen nicht zu beeinflussen. Dazu wird z.B. ein spezielles, sehr dünnes Edelstahlrohr zu einer Feder gewickelt. Die Versuche werden im HEG bei einer Anströmmachzahl von M=8 bei Dichten die einer Flughöhe von ca. 28 km entsprechen, durchgeführt. Die Freiflugzeit beträgt 20ms. In dieser Zeit wird der Auslösemechanismus der Modellaufhängung, der das Modell für die Freiflugphase freigibt, ausgelöst. Der in Tanks im Modell gespei-cherte Wasserstoff wird durch Düsen in die Brennkammer eingespritzt und gezündet. Schließlich führt die Expansion des Gemisches aus Luft und Verbrennungsprodukten in der Düse zur Schuberzeugung. Ein Teil der Messdaten wird im Modell aufgenommen, gespeichert und nach dem Experiment ausgelesen.
Um Beschleunigungen während der kurzen Freiflugphase erfassen zu können, ist es notwendig, die Masse des Modells möglichst gering zu halten und trotz Leichtbaus die maximale Steifig-keit zu erreichen. Die Positionierung der Beschleunigungssensoren wird mittels einer Modalanalyse durch ein FEM-System unterstützt. Die Eigenschwingungen des Modells werden dabei sichtbar gemacht und die Schwingungsknoten identifiziert. Damit wird erreicht, dass die Beschleunigungsaufnehmer während der kurzen Messphase nur die Beschleunigungen des Modells erfassen und nicht durch Eigenschwingungen des Modells gestört werden. Die Brennkammer des Modells ist über die gesamte Modelllänge mit Kulite-Drucksensoren instrumentiert. Der Festigkeitsnachweis und die techn. Auslegung des Modells sind unter Berücksichtigung der während des Tests auftretenden Kräfte auszufüh-ren. Der spätere Einsatz des Modells in anderen Windkanälen ist zu berücksichtigen und das ursprünglich gelieferte CAD-Oberflächenmodell wird unter fertigungstechnischen Gesichtspunkten im Bereich des Einlaufs und der Düse geändert.