Der Helikopter der Zukunft ist schnell, lautlos und wird durch eine einfache Bedienung wetterunabhängig gesteuert. Die Herausforderung besteht nun darin, solch ein Fluggerät zur Serienreife zu bringen, dabei aber sowohl in der Entwicklung als auch in der Herstellung kosteneffizient zu bleiben. Die komplexe Aerodynamik am Hubschrauberrotor und die Tatsache, dass der Rotorwiderstand bei großer Geschwindigkeit zu stark zunimmt und das rückeilende Blatt keinen Auftrieb mehr liefert, bilden bisher eine Grenze, die ohne Abweichung vom konventionellen Design eines Hubschraubers nicht überschritten werden kann.
Das Prinzip der Doppeltaumelscheibe wurde im DLR entwickelt
Den Stellenwert eines Helikopters in der modernen Luftfahrt machen seine Schwebeflug- und Manövrierfähigkeit sowie die Fähigkeit, senkrecht starten und landen zu können aus. Im Institut für Flugsystemtechnik (FT) im DLR (Braunschweig) wird erforscht, wie die Negativeigenschaften: Geräuschemission, Kabinenvibrationen, hoher Leistungsbedarf und geringe Geschwindigkeit beseitigt werden können. Direktor des Instituts ist Professor Dr. Stefan Levedag, der auf dem Gebiet der Flugsystemtechnik gemeinsam mit seinen Mitarbeitern die Doppeltaumelscheibe in der Hubschrauberentwicklung erarbeitet hat.
Eine Taumelscheibe überträgt beim Hubschrauber die statischen Steuereingaben auf die sich drehenden Rotorblätter. Die Doppeltaumelscheibe ist eine bereits erprobte Technologie, die mit Aktuatoren im drehenden System individuell angesteuerte Rotorblätter (IBC) verwendet. Im Institut für Flugsystemtechnik wurden in Zusammenarbeit mit Helikopterherstellern bisher 4 Konzepte für aktive Rotorsteuerung untersucht und im Flug getestet, u.a. Individual Blade Control (IBC): Aktive Stellorgane ersetzen die Steuerstangen im drehenden System oberhalb der Taumelscheibe, so dass sich für jedes Blatt völlig individuelle Steuersignale vorgeben lassen.
Bei der Verwendung von zwei Taumelscheiben, die konzentrisch angeordnet werden, wird jede unabhängig voneinander von drei Boostern (Reglern) im stehenden System angesteuert. Diese steuern ihrerseits im drehenden System jeweils bis zu drei Rotorblätter individuell an. Der große Vorteil der Verstellung aus dem ruhenden System ist, dass weder hydraulische noch elektrische Leistung über einen drehenden Anschluss mit anfälligen Dichtungen oder Schleifringen übertragen werden müssen, so dass hohe Systemwartungskosten wegfallen.
Für das Institut FT in Braunschweig konstruiert und fertigt das Systemhaus Technik im Auftrag von Eurocopter einen Demonstrator für eine neue Rotorsteuerung an Hubschraubern. Die Abbildung zeigt das CAD-Modell, das zur Simulation der Kinematik im Projekt META entworfen wurde. Alle bisher getesteten und im Flug erprobten aktiven Rotorsteuerungen reduzieren zwar Vibrationen, mindern die Geräuschemission und senken den Leistungsbedarf, sind jedoch bislang zu komplex und schwer für eine kommerzielle Anwendung. Ein Nachteil ist, dass die Blätter nur im drehenden System oberhalb der Taumelscheibe beeinflusst werden können. Die Möglichkeit der Verlegung in das ruhende System bedeutet, die Innovation mit bereits bestehender Technik bei einem geringeren Risiko umsetzen zu können. Dabei bleiben auch die Gewichte in erträglichem Rahmen, gleichzeitig ist der Nutzen der individuellen Blattverstellung voll gegeben. Für die individuelle Verstellung stehen Roll-, Nick- und Kollektivsteuerung zu Verfügung. Werden mehrere Blätter direkt angesteuert, sind mindestens 2 Taumelscheiben erforderlich. Der technische Mehraufwand einer Doppeltaumelscheibe ist verhältnismäßig gering, kostengünstig und mit einem relativ geringen Zeitaufwand beim Bau verbunden.
Fliegender Hubschrauber Simulator (FHS)
Um den Hubschrauber wetterunabhängig 24 Stunden am Tag betreiben zu können, muss das Flugverhalten so beeinflusst werden, dass es auch von weniger geübten Piloten in kritischen Situationen beherrschbar bleibt. Das Institut FT arbeitet an einer Steuerung mit Sidesticks, die dem Piloten Rückmeldung geben. Flugtests auf dem DLR-Versuchshubschrauber (FHS, auf Basis einer EC135) waren bereits erfolgreich. Der Pilot wird, wenn z.B. das Mastmoment erreicht ist, durch Vibrationen im Stick gewarnt, so dass starke Ruderschläge vermieden werden. Im Umkehrschluss werden die Systeme aber robust gegenüber Fehleingaben des Piloten ausgelegt.
Denkbar wäre z.B., dass eine Flugfigur vom System vorgegeben werden kann, die der Pilot nachfliegen kann. Durch die Vereinfachung der Bedienung sowie die Erhöhung der Sicherheit erhält der Pilot zusätzlichen Spielraum für andere Bereiche, die seine Aufmerksamkeit erfordern. Die Wetterabhängigkeit des Helikopters zu minimieren stellt eine besondere Herausforderung dar. Mit aktivem Laserradar sind zwar bereits heute Flüge unter Grenzbedingungen in Bodennähe durchführbar, die noch vor wenigen Jahren als unmöglich galten. Aber ein Laserradar kann z.B. bei starkem Schneefall nicht zwischen dichter Schneeflocke und dünnem Kabel unterscheiden, es sendet Fehlinformationen an den Piloten, die eine eindeutige Interpretation nicht zulassen. Zumindest nach dem heutigen Stand der Technik ist Laserradar bei Extremwetterlagen noch nicht zuverlässig genug.
Der DLR-Versuchshubschrauber (FHS) ist mit Radar und Hinderniskennung sowie einer zusätzlichen Sensorik ausgerüstet, um eine beinahe uneingeschränkte Flugfähigkeit bei Tag und bei Nacht gewährleisten zu können. Damit wird der Helikopter auf jedem Areal, unabhängig von der Bodenbeschaffenheit und Topografie, ohne jegliches Dazutun des Piloten landen können. Die „automatische Landung ohne Sicht“, die bisher nur Flächenflugzeugen auf vorbereiteten Pisten vorbehalten war, wird, wenn sie in Serienmustern umgesetzt werden kann, das Helikopterfliegen vereinfachen. Die Umsetzung ist extrem schwierig ist, da Hindernisse, Wind und Geländeneigung bei jedem neuen Anflug individuell zu berücksichtigen sind. Das bedeutet für jede Landung eine Rechnerleistung mit vielen Unbekannten, wobei sich der Mensch in dieser Situation bedingungslos auf die Technik verlassen muss.
Prof. Levedag, der seit 15 Jahren an der Idee mit der Doppeltaumelscheibe arbeitet, möchte nun den aktiven Rotor ins operative System mit den dabei entstehenden Vorteilen (weniger Lärm, weniger Vibrationen und weniger Leistungsbedarf) umsetzen. Vollautomatische Landungen in unbekanntem Terrain werden innerhalb der nächsten fünf Jahren auf dem DLR-Hubschrauber (FHS) erprobt. Zukünftig wird man sich im DLR auch mit dem Derschmidt-Rotor und mit neuen Materialien beschäftigen, um Hochgeschwindigkeiten bei Helikoptern zu erreichen.