Freitag, 13. März 2009
Hier auf Esrange geht es Schlag auf Schlag: Drei Starts in drei Tagen sind schon rekordverdächtig. Heute soll der Vierte dazukommen - und das an einem Freitag, den 13ten. Ob das ein schlechtes Omen ist? Oder bringt das Datum besonderes Glück? Start-Crew und Studententeams sind jedenfalls zuversichtlich, dass REXUS 5 heute Erfolg haben wird.
Um Zeit zu sparen, wurde auf den Test-Countdown verzichtet. Deshalb beginnt der "heiße" Countdown früh, damit noch genügend Zeit bleibt, falls etwas nicht so funktioniert wie vorgesehen. Für alle Beteiligten heißt das: um 4.30 Uhr auf dem Posten sein, denn dann geht es los. So haben Studenten wie Projektleiter denn auch noch ziemlich kleine Augen, als sie in den Science Room kommen. Kaffee ist das Getränk der Stunde.
Leider ist die Sicht auf den Startkomplex heute nicht so gut. Es ist ein wenig diesig und niedrige graue Wolken verdecken den Himmel. So ist auch die Schar der Neugierigen auf dem Radar Hill gering, denn dort bei Kälte, Wind und Feuchtigkeit auszuharren, ist kein reines Vergnügen. Auch für hartgesottene Raumfahrt-Fans nicht. Da sitzt es sich im Science Room doch wesentlich gemütlicher, wo die Studententeams am Computer ihre Experiment-Daten überwachen.
Ohne Verzögerung läuft der Countdown herunter. Auch der GPS-Empfänger tut seinen Dienst. Um 6 Uhr dröhnt die Sirene wie ein überdimensionierter Wecker für diejenigen, die heute eigentlich ausschlafen könnten. 15 Minuten vor Start wäre die letzte Möglichkeit, um den Ablauf des Startplans zu unterbrechen, doch die Systeme von REXUS 5 verhalten sich mustergültig. Alles läuft wie am Schnürchen - bei Raumfahrtmissionen eher die rühmliche Ausnahme. Punkt 7 Uhr heißt es dann: Start frei für REXUS 5! Abermals zischt eine Rakete wie ein Leuchtfeuer in den arktischen Himmel. Doch schnell haben die Wolken sie verschluckt.
Etwa 60 Sekunden nach dem Start beginnt die Schwerelosigkeit
Jetzt läuft in der Rakete ein automatisches Programm ab: 26 Sekunden nach dem Start ist der Motor ausgebrannt. 60 Sekunden nach Lift Off wickelt sich das Jojo-System ab und beginnt, die Rotation von REXUS abzubremsen. Nun setzt die Schwerelosigkeit ein. Fünf Sekunden später wird die Spitze abgetrennt und das oberste Experiment, CharPa, ist den äußeren Bedingungen ausgesetzt.
Nach weiteren vier Sekunden trennt sich der Motor von der Nutzlast. 73 Sekunden nach dem Start wird Vib-Bip eingeschaltet. Nach 2,24 Minuten erreicht REXUS 87 Kilometer über dem Boden den Gipfelpunkt seiner Flugbahn. Ab nun geht es abwärts. In 4,6 Kilometern Höhe trennt sich der Hitzeschild des Bergungssystems ab, und der Stabschirm öffnet sich. Drei Kilometer über dem Boden folgt der Hauptfallschirm. Kurz vor dem Aufsetzen der Nutzlast wird die Energieversorgung der Experimente abgeschaltet.
Die Mannschaft des Bergungshubschraubers hat Glück: Die Raketenteile landen nicht allzu weit entfernt von ihrem Standort. Den dumpfen Knall beim Wiedereintritt des Motors in die Atmosphäre können sie sogar hören. Das erleichtert ihnen die Suche bei den schlechten Sichtverhältnissen. Die Spitze wird auch ohne Probleme geborgen.
Eine Schneewehe verhilft der Nutzlast zu einer weichen Landung
Nur die restliche Nutzlast ist leider in einer Schneewehe niedergegangen. Das Gute daran: Die weiche Landung ist vorteilhaft für die empfindlichen Experimente. Das Schlechte: Für die Hubschrauber-Crew ist es ganz schön anstrengend, erst einmal die Module freizuschaufeln. Aber schließlich trifft alles wieder heil auf Esrange ein. In der Integrationshalle beginnt erneut das Auseinanderschrauben der einzelnen Teile.
Itikka, CharPa und Bergungssystem haben eine reichliche Ladung Pulverschnee abbekommen, aber die Feuchtigkeit hat keine Schäden an der Elektronik verursacht. Alle Apparaturen haben den Ausflug an die Grenze zum Weltraum bestens überstanden, und so präsentieren die Studenten ihre Experimente stolz den Fotografen.
Bei der Abschluss-Besprechung um 11 Uhr bestätigt sich der gute Eindruck. CharPa hat einwandfrei funktioniert, nur bei einer der Telemetriestationen gab es anfänglich ein paar kleinere Aussetzer. Das Team hat bereits angefangen, die Daten auszuwerten. Auch bei Itikka hat alles nach Plan funktioniert, lediglich eine Kabelbefestigung hat sich gelöst. Aber dies hat sich nicht negativ auf das Experiment ausgewirkt.
Bei Vip-Bip ist leider der Vibrationsmechanismus ausgefallen, der das Flüssigkeits-Gas-Gemisch durchschütteln und für die Bewegung der Luftblasen erzeugen sollte. Dafür hat die Kamera ausgezeichnet funktioniert und die Studenten konnten eine sehr gute Aufzeichnung vom Geschehen in den Experiment-Kammern machen. Darauf erkennt man, dass sich die Blasen unter Schwerkraftbedingungen durch die Fliehkräfte bewegen. Dieses Verhalten kann das Team nun analysieren. Die Mission war also ein voller Erfolg, und am Abend feiern alle gemeinsam die gelungene REXUS-Kampagne.