Luft- und Raumfahrt, Energie und Verkehr sind die Themengebiete, auf denen das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) forscht. Am 3. Dezember 2008 werden im DLR-Standort in Oberpfaffenhofen beispielhaft spannende Projekte des DLR wie Laufroboter für Explorationsmissionen auf dem Mars, Atmosphärenforschung und Erdbeobachtung, Solarenergienutzung zur Wasserstoffproduktion, Forschung für den Zug der nächsten Generation präsentiert. Das Programm gibt einen Überblick über die Arbeiten der rund 6000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DLR in den vergangenen zwölf Monaten und bietet einen Ausblick in die Zukunft.
Architekten der Wissenschaft - DLR forscht für die Zukunft in Deutschland und Europa
Die Jahreshauptversammlung findet turnusmäßig an wechselnden Standorten des DLR statt. Zur diesjährigen Veranstaltung werden sich 400 Gäste aus Forschung, Industrie und Politik sowie die Zuschauer im Internet über die Projekte der DLR-Institute und -Einrichtungen in Oberpfaffenhofen und über die Arbeit der anderen DLR-Standorte in Deutschland informieren.
"Mit seinen Aktivitäten in der Forschung gehört das DLR zu den Architekten der Wissenschaft nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa und darüber hinaus", sagt Prof. Johann-Dietrich Wörner, Vorstandsvorsitzender des DLR. "Durch intensive Vernetzung seiner Forschungsgebiete, der Kooperation mit der Industrie und anderen Forschungseinrichtungen erbringt das DLR gesellschaftlich und wirtschaftlich relevante Beiträge zur Lösung aktueller Probleme."
In den vergangenen zwölf Monaten standen viele Projekte des DLR-Standorts Oberpfaffenhofen im Fokus der Öffentlichkeit: Im Februar 2008 wurde das Forschungslabor Columbus dauerhaft an die Internationale Raumstation ISS angekoppelt, danach übernahm das Columbus-Kontrollzentrum im Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum des DLR in Oberpfaffenhofen die Verantwortung für das europäische Weltraumlabor. Neue Technologien in der Robotik und Mechatronik, das 100jährige Jubiläum der Hochfrequenzforschung und die Beteiligung des DLR am gemeinsamen deutsch-indonesischen Tsunami-Frühwarnsystem InaTEWS (Indonesian Tsunami Early Warning System) haben das Geschehen im DLR Oberpfaffenhofen bestimmt.
Im nächsten Jahr wird der Betrieb des neuen Forschungsflugzeugs HALO (High Altitude and Long Range Research Aircraft) ein zentrales Thema im Rahmen der Forschungstätigkeiten am bayerischen Standort des DLR sein. Mit HALO beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte der deutschen Atmosphärenforschung und Erdbeobachtung. Die Kombination aus Reichweite, Flughöhe, Nutzlast und umfangreicher Instrumentierung macht das Flugzeug zu einer weltweit einzigartigen Forschungsplattform. Das neue Mitglied der DLR-Forschungsflugzeugflotte, eine der größten Europas, wird am 19. Dezember 2008 auf dem Forschungsflughafen in Oberpfaffenhofen erwartet.
Projekte aus den DLR-Forschungsbereichen Luftfahrt, Raumfahrt, Energie und Verkehr
Globale Energieszenarien
Entscheidungen in der Energiewirtschaft, Energiepolitik und Energieforschung haben weit reichende und lang wirkende Folgen. Damit Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft vorausschauend und richtig handeln können, brauchen sie realistische und fundierte Einschätzungen zur Energieversorgung für heute und morgen. Die Energieexperten des DLR haben 2008 mit den beiden Studien "Weltenergie-Szenario Energy [R]evolution" und "Leitstudie 2008" die Möglichkeiten einer nachhaltigen Energieversorgung für das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und für Greenpeace international bewertet.
CO2-freie Wasserstoffherstellung
Solarenergie ist die mit Abstand am meisten verfügbare Energieressource auf der Erde. Wasserstoff wiederum ist mit seiner hohen Energiedichte ein ausgezeichneter Energieträger, zudem entstehen bei seiner Verbrennung lediglich Wasser und Wärme. Die regenerative Erzeugung von Wasserstoff durch Sonnenenergie und die damit einhergehende Speicherung von Sonnenenergie in diesem chemischen Energieträger ist daher von größtem technischem und wirtschaftlichem Interesse für die Energiewirtschaft. DLR-Wissenschaftlern ist es in den vergangenen Monaten gelungen, Wasserstoff in einer 100-Kilowatt-Pilotanlage direkt aus Sonnenenergie zu erzeugen. Die Pilotanlage im spanischen Almería ging im Rahmen des EU-geförderten Projektes Hydrosol II im März 2008 an den Start.
Effektive Energiespeicher
Gemeinsam mit der Züblin AG haben DLR-Wissenschaftler einen Energiespeicher für Solarkraftwerke entwickelt. Effektive Energiespeicher sind eine wichtige Grundlage für die Nutzung erneuerbarer Energien. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat am 16. September 2008 gemeinsam mit dem Industriepartner Ed. Züblin AG einen neuen thermischen Speicher für Solarkraftwerke vorgestellt. Die in Stuttgart gebaute Pilotanlage basiert auf der Speicherung von Wärme in Beton und stellt für den kommerziellen Einsatz eine leistungsstarke und kostengünstige Lösung für Temperaturen bis zu 400 Grad Celsius dar. Für den Erfolg der solaren Kraftwerkstechnologie sind effektive Energiespeicher ein Schlüsselfaktor. Durch die Kombination eines Kraftwerks mit einem Wärmespeicher lassen sich die Laufzeiten der Turbinen auf die Nachtstunden ausdehnen oder generell auf Zeiten geringerer Sonneneinstrahlung verlängern. Dies bedeutet eine erhebliche Steigerung des Erlöses der umweltfreundlichen Kraftwerke.
Die Brennstoffzelle hebt ab
Im Frühjahr 2008 setzte das DLR gemeinsam mit dem Flugzeughersteller Airbus erstmals ein Brennstoffzellensystem zur Bereitstellung der Notstromversorgung für die Hydraulikpumpen an Bord seines neuen Forschungsflugzeugs A 320 ATRA (Advanced Technology Research Aircraft) erfolgreich ein. Da die Brennstoffzelle zur Stromerzeugung lediglich Wasserstoff und Sauerstoff nutzt, entstehen keine schädlichen Emissionen. DLR und Airbus präsentierten das neue DLR-Forschungsflugzeug ATRA auf der ILA in Berlin erstmals einer breiten Öffentlichkeit. Eine weitere Anwendung der Brennstoffzellen-Technologie plant das DLR gemeinsam mit dem Flugzeughersteller Lange Aviation. Sie bauen einen Motorsegler, der mit Hilfe der durch die Brennstoffzellen erzeugten elektrischen Energie autonom starten und fliegen wird. Der Erstflug dieses Technologieträgers ist für Anfang 2009 vorgesehen.
Kompetenz und Innovation in der Luftfahrtforschung
Mit seinem Verbundvorhaben "Effizienter Flughafen 2030" sowie mit zusätzlichen Beiträgen zur "Kabinentechnologie und innovative Brennstoffzellenanwendung" ist das DLR maßgeblich am Hamburger Luftfahrt-Cluster beteiligt. In diesem Cluster arbeiten von Seiten des DLR neben dem Institut für Lufttransportkonzepte und Technologiebewertung, einer gemeinsamen Einrichtung mit der Technischen Hochschule Hamburg-Harburg, vier weitere Einrichtungen der Luft- und Raumfahrtforschung mit.
Simulationszentrum C²A²S²E
Einen Hochleistungsrechner für die Luftfahrtforschung hat das DLR im Simulationszentrum C²A²S²E (Center for Computer Applications in AeroSpace Science and Engineering) im DLR-Standort Braunschweig in Betrieb genommen. Zu den Aufgaben des gemeinsam von Airbus, dem Land Niedersachsen und dem DLR mit 30 Millionen Euro finanzierten Projektes gehört es, Prozesse, Methoden und numerische Verfahren so weit zu entwickeln, dass sie eine hochgenaue Simulation eines Flugzeugs im gesamten Flugbereich ermöglichen. Die für C²A²S²E entworfene Cluster-Rechnerstruktur kommt weltweit erstmalig zum Einsatz und erreicht pro Sekunde etwa 46,6 Billionen Rechenoperationen.
Zug der nächsten Generation
Wie sieht der Zug der Zukunft aus? Schnell, energiesparend, sicher und komfortabel soll er sein, darüber hinaus gut in ein effizienteres Schienenverkehrssystem integrierbar. Im September 2008 demonstrierte das DLR auf der InnoTrans 2008, der Weltleitmesse der Bahnbranche, seine interdisziplinären Kompetenzen im Schienenfahrzeugsektor. In Zusammenarbeit mit der Schienenfahrzeugindustrie und den Bahn-Betreibern stellt es sich zum Beispiel im Projekt Next Generation Train der Aufgabe, die teils widersprüchlichen Anforderungen unter einen Hut zu bekommen. Eine Schlüsselfunktion kommt dabei der aerodynamischen Auslegung zu. Hier geht es um Widerstandsoptimierung, Seitenwindstabilität und Geräuschentwicklung im Hochgeschwindigkeitsbereich. Gepaart mit der sicheren Auslegung von Fahrwerk und Fahrgastraum sowie der Verschleißminimierung im Rad-Schiene-Kontakt werden wesentliche Grundlagen für den Zug der Zukunft geschaffen. Doch das allein genügt nicht. Denn drastische Energieeinsparungen trotz höherer Fahrgeschwindigkeiten sind nur mit intelligentem Energiemanagement und konsequentem Leichtbau realisierbar. Ersteres wird mit Hilfe eines eigenen Softwaretools zur Gesamtsystem-Modellierung realisiert. Bei letzterem stehen funktionsintegrierte Materialien, hybride Strukturen und kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe für flächige Anwendungen mit hoher Biegesteifigkeit im Fokus der Forschung. Dabei kümmern sich die DLR-Wissenschaftler auch um kostengünstige Fertigungsverfahren und die Integration in flexible, modulare Fahrzeugplattformen.
Kommunikation für mehr Sicherheit und effizienten Betrieb
Bessere Kommunikation ist ein Thema in allen Verkehrsbereichen. Für regionale Bahn-Strecken bieten DLR-Wissenschaftler eine innovative Lösung an. Kosten- und wartungsintensive Technik an der Strecke und geringe Zugfolgezeiten machen Nebenstrecken unwirtschaftlich. Mit dem Railway Collision Avoidance System (RCAS) verfolgen Wissenschaftler des DLR den Ansatz, Ortungstechnik von der Strecke auf das Fahrzeug zu verlagern. Die auf der Strecke befindlichen Züge können mit RCAS vor einer Kollisionen gewarnt werden - ein System, das mit vergleichsweise wenig Aufwand mehr Sicherheit auf Strecken mit geringem Automatisierungsgrad bringen kann.
Für Straßenfahrzeuge ist im Jahr 2008 ein Versuchsfunknetz zur Kommunikation zwischen Fahrzeugen (Car-to-Car-Communication) in Betrieb gegangen. Das DLR treibt die Entwicklung zusammen mit verschiedenen Partnern im Rahmen des Car-to-Car Communication Consortiums, voran. Mit der CODAR-Technologie (Cooperative Object Detection And Ranging) werden die Informationen der verschiedenen Sensoren aus den Fahrzeugen zusammengeführt, ausgewertet und entsprechend der aktuellen Verkehrssituation weiterverarbeitet. So kann der Fahrer vor besonders gefährlichen Situationen, wie beispielsweise einem Stau-Ende hinter der nächsten Kurve oder einem herannahenden Fahrzeug aus einer verdeckten Einfahrt, gewarnt werden. Oder: Melden vorausfahrende Fahrzeuge ein Sinken der Außentemperatur unter null Grad Celsius, kann - wenn ein Fahrzeugsensor am Scheibenwischer zusätzlich noch Regen feststellt - daraus eine Glatteiswarnung abgeleitet werden. Weitere Steuerungsfunktionen, an denen die DLR-Experten arbeiten, betreffen beispielsweise die automatische Abstandshaltung.
Fahrerassistenz und neue Fahrzeugkonzepte
Das Thema Car-to-Car-Communication ist integriert in die DLR-Verkehrsforschung zu Assistenzsystemen für Verkehrsteilnehmer. Zusammen mit seiner Expertise zu Verkehrsverhalten und zu Verkehrsflüssen trägt das DLR zugleich zu europäischen Verkehrsforschungsprojekten bei. Einblick in die DLR-Arbeiten gab im April 2008 eine Ausstellung am Hauptsitz des DLR in Köln-Porz. Gezeigt wurden Teile von Testanlagen für Assistenzsysteme ebenso wie Arbeiten am mechatronischen Fahrwerk für mehr Sicherheit: Weicht das Verhalten eines Fahrzeugs von dem gemäß der Lenkbewegung zu erwartenden Verhalten ab, kann ein solches Fahrwerk, bei dem mechanische und elektronische Funktionen zusammenwirken, eine Gegenbewegung auslösen. Der Fahrer hat es beim Gegenlenken leichter, er fährt sicherer.
Dies ist eine von zahlreichen neuen Entwicklungen in der Verkehrsforschung - von der Verkehrsentwicklung über Verkehrsdatenerfassung und Verkehrsmanagement bis zu neuen Fahrzeugkonzepten. Für sichere und energetisch optimale Assistenzsysteme schöpfen die DLR-Wissenschaftler das fahrdynamische Potenzial des Fahrwerks aus. Auch Verschleiß- und Komfortkriterien werden berücksichtigt. Dies soll durch eine bisher noch nirgends erreichte funktionale Integration vorhandener Sensorik und Aktuatorik geschehen.
Deutschlands erstes satellitengestütztes Aufklärungssystem SAR-Lupe ist komplett - DLR übernimmt erneut Inbetriebnahme
Am 22. Juli 2008 hob der fünfte deutsche Aufklärungssatellit des SAR-Lupe-Systems erfolgreich vom russischen Weltraumbahnhof Plesetsk südlich von Archangelsk ab. Die russische Cosmos 3M-Trägerrakete setzte den Radarsatelliten nach etwa einer halben Stunde in seinem erdnahen Orbit in rund 500 Kilometer Höhe aus. Der erste Kontakt zwischen dem Raumfahrt-Kontrollzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen und dem Satelliten zeigte, dass der Satellit einwandfrei funktioniert. Das DLR hatte bereits die Inbetriebnahme der ersten vier SAR-Lupe-Satelliten übernommen.
Der DLR-Krabbler - ein Sechsbeiniger Laufroboter
Die Beine des DLR-Krabblers entstanden auf Basis der Finger einer vom DLR entwickelten Roboterhand (DLR-Hand II). Der Krabbler dient als Testplattform für die Entwicklung und Beurteilung verschiedener Lauf- und Regelstrategien sowie als Vorstufe zukünftiger laufender Explorationsroboter. Die Finger der DLR-Hand II sind aufgrund ihrer Modularität sowie der Ausstattung mit verschiedenen Sensoren, wie einem sechs Freiheitsgrade Kraft-Momenten-Sensor in den Fingerspitzen, sehr gut für diesen ersten Prototyp geeignet. Der Krabbler wird automatisch in Echtzeit über Explorations- und Navigationsalgorithmen gesteuert, welche auf Stereokamerabildern beruhen. Zusätzlich ermöglichen die Daten eine 3-D-Modellierung der Umgebung.
Satellitendaten für das internationale Krisenmanagement
Am 2. Mai 2008 wurde Myanmar schwer durch den tropischen Zyklon "Nargis" getroffen. Amtliche Meldungen bestätigen mehr als 30.000 Tote und mehr als 40.000 Vermisste. Durch die Aufnahmen des neuen deutschen Radarsatelliten TerraSAR-X und des japanischen ALOS konnte das exakte Ausmaß der Überschwemmungen bestimmt werden. Das erstellte Kartenmaterial diente der Koordination und Vorbereitung der internationalen Hilfsmaßnahmen. Die Hilfsaktion wurde durch die Zusammenarbeit der Vereinten Nationen (UN), des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), des Welternährungsprogramms (WFP) und der ITHACA (Information Technology for Humanitarian Assistance, Cooperation and Action; Politecnico di Torino) möglich.