Mars Express

Die Funktionsweise der HRSC

Aufnahmprinzip der HRSC auf Mars Express
Die HRSC arbeitet nach dem Scanner-Prinzip, d.h. durch die Anordnung seiner neun Zeilensensoren quer zur Flugrichtung nimmt jeder dieser Sensoren aufgrund der Vorwärtsbewegung des Raumschiffs denselben Bildstreifen auf der Marsoberfläche nacheinander Zeile für Zeile auf. Dabei bildet jeder Sensor dasselbe Objekt auf der Oberfläche unter einem unterschiedlichen Blickwinkel ab. Am Boden werden dann aus den Bildstreifen der vier Stereokanäle und dem senkrecht auf die Oberfläche gerichteten, die höchste Auflösung liefernden Nadirkanal digitale Geländemodelle und daraus beispielsweise 3D-Bilder erzeugt. Die verbleibenden vier der neun Zeilensensoren sind mit speziellen Farbfiltern für die Aufnahme multispektraler Daten versehen.

Die HRSC ist eine bislang einzigartige Kameraentwicklung in der Planetenforschung. Sie ist die erste digitale Stereokamera, die zusätzlich multispektrale Informationen liefert und als besonderes Extra über ein sehr hochauflösendes Objektiv, quasi eine Lupe, verfügt. Die Kamera nimmt einzigartige Bilder der Marsoberfläche auf, die die Grundlage für zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen sind.

Wie funktioniert eine digitale Kamera?

Im digitalen Zeitalter verwendet man häufig kein herkömmliches Filmmaterial mehr, sondern elektronische Sensoren, sogenannte CCD's (Charged Coupled Devices). Diese Art von Sensoren findet man auch in den heute handelsüblichen digitalen Kameras. In Kamerasystemen auf Satelliten sind digitale CCD-Kameras heute die Norm.

Ein digitales Bild ist aus vielen meist sehr kleinen Bildelementen, den sog. Pixeln (von engl. Pi[x]cture Element, zu Deutsch Bildelement oder -punkt) aufgebaut, wobei jedem Pixel eine Helligkeit zugeordnet ist. Diese Helligkeit wird in Bit gemessen und gibt an, wie viele Grautöne im Bild unterschieden werden. In einem Bild mit einer Abstufung bzw. radiometrischen Auflösung von 8 Bit können 28(=256) verschiedene Graustufen unterschieden werden. Die Anzahl der Pixel multipliziert mit der radiometrischen Auflösung ergibt die Bildgröße, gewöhnlicher Weise gemessen in MB (Megabyte = eine Million Byte, wobei einem Byte 8 Bit entsprechen). Ein digitales Bild kann mit elektronischen Mitteln am Computer verlustfrei weiterverarbeitet werden.

Funktionsweise einer CCD-Kamera

In einem CCD-Chip wird der von Einstein im Jahre 1905 erklärte fotoelektrische Effekt genutzt, bei dem Photonen Elektronen aus Metallen ausschlagen und so eine elektrische Ladung erzeugt wird. Im CCD-Chip wird für eine vom Benutzer gewählte Zeit der sog. Shutter (entspricht dem Verschluss bei einer herkömmlichen Spiegelreflexkamera) geöffnet und Licht fällt auf den CCD-Chip. In dieser Zeit baut sich eine Spannung analog zur Anzahl der eingestrahlten Photonen auf, wobei CCD-Chips eine im Vergleich zum menschlichen Auge verschobene Farbempfindlichkeit besitzen, während sie im kurzwelligen blauen Bereich weniger empfindlich sind, können sie längerwelliges Licht sogar noch bis in den nahen Infrarot-Bereich messen, für den das menschliche Auge nicht empfindlich ist.

Nach der Belichtung werden die induzierten Spannungen der einzelnen Pixel durch einen komplizierten Auslesemechanismus an einen Signalprozessor weitergegeben, der diese in Helligkeitswerte umrechnet. Grob gesprochen werden die Ladungen, die sich aufgrund des Fotoeffekts in den einzelnen Bildelementen aufgebaut haben, pixelweise an den Rand verschoben und dort nach einer Signalverstärkung vom Analog-Digital-Konverter (ADC) in elektrische Signale umgewandelt, die vom Computer verarbeitet werden können. Sobald eine Zeile so umgewandelt ist, werden die Ladungen wieder um ein Bildelement weiter geschoben, so dass eine weitere Zeile ausgelesen werden kann. Die Genauigkeit der Umrechnung im ADC wird in Bit angegeben. Quelle: Daniel Henke (http://www.patania.de/galaxies/index.htm)

Vorteile einer CCD-Kamera

Die Arbeit mit herkömmlichem Filmmaterial verbietet sich bei Raumsonden von selbst. Zwar ist es theoretisch möglich, Filme auf einer Sonde zu belichten, zu entwickeln, abzuscannen und die gescannten Bilder dann zur Erde zu senden (ein Verfahren, das in der Apollo-Ära auch tatsächlich zur Anwendung kam), doch bieten CCD-Aufnahmen neben dem digitalen Format der Bilder gegenüber herkömmlichen analogen Kameras, die eine Fotoemulsion belichten, noch einige andere Vorteile:

  • Hohe Empfindlichkeit: CCD-Kameras besitzen eine wesentlich höhere Empfindlichkeit als selbst speziell behandelte fotografische Schichten. Während sog. „hypersensibilisierte" Fotofilme bei circa 1.600 ISO kaum mehr vernünftig verwendbar sind, da der Film sichtbar grobkörniger wird, haben CCD-Kameras eine Auflösung von bis zu 40.000 ISO bei moderater Körnung (abhängig vom CCD-Chip).
  • Quantenhafte Genauigkeit: Während mit Fotoemulsionen quantitative Beobachtungen nur mit hohem Aufwand betrieben werden können, liegt es in der Natur der CCD-Chips, jedem Pixel einen exakten (d.h. nur durch Störeffekte beschränkten) Helligkeitswert zuzuordnen, wodurch es möglich ist, photometrische Messungen durchzuführen.
  • Kein Schwarzschildeffekt: Im Gegensatz zum fotochemischen Filmmaterial weisen CCD-Chips bis zur Sättigung (der sog. full well capacity) eine lineare Empfindlichkeit auf, wodurch die Bilder auch in sehr hellen Bereichen, wie im Inneren einer Galaxie, kontrastreich bleiben.
  • Großer Spektralbereich: CCD's sind nicht nur im sichtbaren Bereich, sondern auch noch im nahen Infrarot-Bereich empfindlich, wodurch im nahen IR-Bereich schärfere und kontrastreichere Bilder ermöglicht werden.

Flächensensoren

In den meisten digitalen Kameras werden zweidimensionale „Flächen“-Sensoren eingesetzt (Abb. 1 links). Bei einer Aufnahme wird eine Fläche aus x Zeilen und y Spalten gleichzeitig belichtet (aus dem Produkt von x mal y errechnet sich die Anzahl der Bildpunkte, die auch als Pixel oder Megapixel bezeichnet werden. Ein für „normale“ digitale Kameras üblicher Wert ist bspw. 3 - 5 Megapixel (z.B. 2.000 Spalten x 1.200 Zeilen = 2,4 Millionen Pixel oder 2,4 Megapixel). Bei einer Aufnahme werden die Bildelemente in allen Zeilen und Spalten gleichzeitig belichtet.

Zeilensensoren

Wenn die elektronischen Sensoren nicht als eine zweidimensionale Anordnung aus Zeilen und Spalten bestehen, sondern aus einer eindimensionalen Aneinanderreihung von Sensorelementen bzw. Pixeln, spricht man von einem Zeilensensor. Das aufzunehmende Objekt wird Zeile für Zeile erfasst, bei einer Aufnahme wird also eine Sensorenzeile belichtet. Viele einzelne Zeilen werden am Rechner zu einem zweidimensionalen Bild zusammengesetzt, wobei die Anzahl der Zeilen dabei theoretisch unbegrenzt ist. Um ein lückenloses Bild zu erhalten, muss also jede Zeile gegenüber der vorhergehenden um genau eine Zeile versetzt aufgenommen werden. Entweder wird dafür das Objekt bewegt (wie im Fall eines Faxgeräts, in dem ein Blatt Papier durch das Faxgerät transportiert wird und damit im Verhältnis zur aufnehmenden Sensorenzeile verschoben wird), oder der Sensor wird gegenüber dem unbeweglichen Objekt verschoben. Im Falle einer Kamera an Bord einer Raumsonde, die eine Planetenoberfläche aufnehmen soll, wird selbstverständlich die Kamera zusammen mit der Sonde bewegt, und zwar in Flugrichtung der Sonde (Abb. 1 rechts).

Zeilensensoren
Abb. 1: (links) Ein zweidimensionaler CCD-Flächensensor besteht aus zahlreichen Bildelementen (Pixel), die in einem regelmäßigen Raster aus Zeilen und Spalten angeordnet sind (rechts). Ein CCD-Zeilensensor besteht aus zahlreichen Bildelementen, die in einer eindimensionalen Anordnung als einzelne Bildzeile angeordnet sind. Erst durch die Kombination vieler Bildzeilen entsteht ein für den Betrachter interpretierbares Bild. Die Anzahl der Bildzeilen (in diesem Fall n) ist theoretisch unbegrenzt.

Die HRSC-Kamera

Die HRSC-Kamera hat ebenfalls CCD-Sensoren, aber nicht als Flächensensor (Abb. 1 links), sondern als Zeilensensor (Abb. 1 rechts). In diesem Fall sind die einzelnen Bildpunkte nicht als Zeilen und Spalten angeordnet, sondern als einzelne Zeile (diese aber mit sehr vielen Bildpunkten: die HRSC-Zeilen haben 5.184 Pixel). Bei einer Aufnahme wird nur diese eine Sensorenzeile gleichzeitig belichtet. Um eine zweidimensionales Bild zu bekommen, muss man also viele Zeilen hintereinander aufnehmen und sie dann am Computer zu einem flächigen Bild zusammensetzen.

Wichtig dabei ist die genaue Abstimmung zwischen der Geschwindigkeit der Kamera bzw. der Raumsonde) über dem Grund, der Taktrate, mit der die einzelnen Zeilen aufgenommen werden, und der Belichtungszeit: Die Zeilen sollten möglichst lückenlos aneinander passen und die Pixel des Bildes sollten im Idealfall quadratisch sein. Da die Geschwindigkeit sich wegen der elliptischen Umlaufbahn ständig ändert (2. Kepler'sches Gesetz), muss also die Taktrate ebenfalls ständig geändert werden.

Die HRSC kann theoretisch beliebig viele Zeilen hintereinander aufnehmen, die Bilder könnten also im Prinzip unendlich lang sein. Tatsächlich ist die Größe durch verschiedene Faktoren begrenzt, von denen die Datenmenge, die die Sonde überhaupt nur zur Erde übertragen kann, der entscheidende ist. In der Realität wird also die HRSC Bilder aufnehmen, die typischerweise zwischen 30.000 und 60.000 Zeilen lang sind.

Die „Lupe“ SRC (Super Resolution Channel)

Um die Auflösung der Kamera zusätzlich zu erhöhen, wurde bei der Weiterentwicklung der HRSC für den Einsatz auf Mars Express ein zweites Objektiv eingebaut. Mit diesem Teleobjektiv (Brennweite circa 1 Meter) können Aufnahmen mit einer Auflösung von nur noch 2 - 3 Meter pro Bildpunkt gemacht werden. Damit können beispielsweise Objekte von der Größe eines Hauses identifiziert werden (um ein Objekt erkennen zu können, muss es natürlich von mehreren Bildpunkten dargestellt werden – ein Bildpunkt allein reicht nicht). Der Sensor der SRC ist ein CCD-Flächensensor mit 1.024 × 1.024 Pixeln.

Das Aufnahmeprinzip

Die Kamera Bord der Sonde bewegt sich an über die Oberfläche hinweg. Dabei wird die Oberfläche Zeile für Zeile abgetastet (gescannt). Ein sehr ähnliches Prinzip kommt in jedem Faxgerät zur Anwendung: Ein Blatt Papier wird durch das Faxgerät bewegt, wobei das Blatt Zeile für Zeile gescannt wird. Der Unterschied zur Funktionsweise der HRSC ist lediglich, dass sich die Kamera (in der Analogie stellt sie das Faxgerät dar) bewegt und nicht die Oberfläche(das Blatt Papier) (Abb. 2a).

Kontakt

Falk Dambowsky

Leitung Media Relations, Presseredaktion
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-3959

Dr. Daniela Tirsch

Principal Investigator HRSC
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin

Ulrich Köhler

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin