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DLR erforscht Unterstützung von Verkehrsflugzeugen durch Co-Piloten am Boden

Pilot am neu entwickelten Arbeitsplatz für Remote Co-Piloten
Bis zu acht Flugzeuge können von der vom DLR neu entwickelten „Remote Co-Pilot Station" aus der Ferne unterstützt werden.

Könnte ein Co-Pilot am Boden in Zukunft aus der Ferne bis zu acht Flugzeuge in der Luft gleichzeitig unterstützen? Im Rahmen des Projekts „Next Generation Intelligent Cockpit“ (NICo) geht es um diese und ähnliche Fragen, denn hier untersuchen wir das Konzept und die Architektur eines zukünftigen, hochautomatisierten Cockpits. Ende 2023 haben aktive Verkehrs-Pilotinnen und -Piloten in Simulatorstudien einen neu entwickelten Arbeitsplatz für Remote Co-Piloten getestet.

Im DLR-Projekt NICo erforschen wir seit 2020 einen zukünftigen Einzelpilotenbetrieb (Single Pilot Operation) von Verkehrsflugzeugen und untersuchen dabei auch die Möglichkeit eines neu entwickelten Remote Co-Piloten. Dies ist ein Co-Pilot, der den Flugverlauf vom Boden aus begleitet und die Pilotin oder den Piloten in der Luft unterstützt. Die Forschungsergebnisse sollen kurzfristig zur Arbeitserleichterung und zur Steigerung der Sicherheit auch im heutigen Zweipilotenbetrieb beitragen.

Als unabhängige Forschungseinrichtung untersucht und bewertet das DLR diese kontrovers diskutierte Thematik unabhängig und wissenschaftlich neutral. Die entwickelten Konzepte werden in dem Forschungsprojekt regelmäßig sowohl der Luftfahrtindustrie, als auch Vertretern der Pilotenvereinigungen als externes Beratergremium vorgestellt.

Mehrere Remote Co-Piloten unterstützen in einem Center eine ganze Flotte

Ein Remote Co-Pilot ist gleichzeitig für mehrere Flugzeuge im Einzelpilotenbetrieb zuständig. Mehrere solcher Remote Co-Piloten sollen dann gemeinsam in einem „Remote Pilot Center“ zusammenarbeiten, in dem sie die Bodenunterstützung für eine ganze Flotte von Flugzeugen übernehmen. Fragen zur optimalen Gestaltung des Centers, Übergaben von Flugzeugen zwischen den Co-Piloten und Verfahren im Notfall werden in NICo ebenfalls betrachtet. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Osnabrück haben wir Bedienkonzept und Benutzeroberfläche für die optimale Arbeitsunterstützung in diesem hochsicherheitskritischen Bereich entworfen und im DLR implementiert.

Einführung einer Pilotin in das neue NICo-System und die neuen Verfahren
Verkehrs-Pilotinnen und -Piloten haben in Simulatorstudien den Arbeitsplatz für Remote Co-Piloten getestet.

Der Einsatz eines Remote Co-Piloten erfordert ein Umdenken bei den klassischen Cockpit-Layouts im Flugzeug sowie eine Betrachtung der notwendigen Kontrollstation für den Co-Piloten am Boden. Die Erforschung zukünftiger Mensch-Maschine-Schnittstellen und die Entwicklung optimierter Verfahren stehen hier im Fokus. Diese Funktionen werden nicht nur langfristig für den Einzelpilotenbetrieb entwickelt, sondern sollen auch schon in aktuellen Zweimann-Cockpits die Arbeitslast verringern.

Konzept und entwickeltes System in umfangreicher Simulationskampagne getestet

Nach intensiver Vorbereitung wurde im November und Dezember 2023 gemeinsam mit Linien-Pilotinnen und -Piloten untersucht, ob mit der neu entwickelten „Remote Co-Pilot Station" tatsächlich bis zu acht Verkehrsflugzeuge gleichzeitig vom Boden aus begleitet und unterstützt werden können. Dabei zeigte sich, dass die im Projekt erarbeiteten Konzepte durch die vielen Iterationen mit Pilotinnen und Piloten eine sehr hohe Akzeptanz erreicht haben.

Enger Austausch mit den Probandinnen und Probanden
Nach jedem Versuch erläutern die Probandinnen und Probanden den Forschenden ihre Eindrücke von dem entwickelten DLR-System NICo (Next Generation Intelligent Cockpit).

Die Probanden wurden in mehreren Flugszenarien mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, die sowohl einen guten Überblick über den Luftraum als auch Verständnis für die aktuelle Situation der einzelnen betreuten Flugzeuge erforderten. Dabei zeigte sich, dass die Vorgabe, bis zu acht Verkehrsflugzeuge gleichzeitig zu betreuen, unter bestimmten Randbedingungen durchaus realistisch ist.

Beim Auftreten von Problemen sieht das NICo-Konzept vor, dass das betroffene Flugzeug eine zusätzliche Eins-zu-eins-Betreuung durch einen Remote Co-Piloten am Boden erhält. Hierfür stellt die entwickelte Station eine erweiterte Benutzeroberfläche zur Verfügung, mit deren Hilfe beispielsweise technische Probleme ähnlich wie in aktuellen Crew-Coordination-Konzepten gemeinsam gelöst werden können.

Video: Unterstützung vom Boden – Piloten nutzen die neue Remote Co-Piloten Station
Im Projekt Next Generation Intelligent Cockpit (NICo) wurde der Arbeitsplatz für einen Remote Co-Piloten entwickelt. In diesem Video wird geschildert, wie Piloten diese innovative Technologie zur Unterstützung von Verkehrsflugzeugen aus der Ferne nutzen. Der Remote Co-Pilot kann die aktuellen Cockpit-Operationen ergänzen und potenziell die Effizienz und Sicherheit des Luftverkehrs verbessern.

Pilotinnen und Piloten positiv überrascht

Die anfangs teils sehr skeptischen Probanden zeigten sich positiv überrascht von der Station. Das Bedienkonzept und die zur Verfügung gestellten Funktionen konnten überzeugen. Die Studie wird derzeit weiter ausgewertet und die gewonnenen Erkenntnisse werden in die Weiterentwicklung des Projektes einfließen.

Die Forschung im Projekt NICo stellt einen wichtigen Meilenstein für die sichere Erforschung eines zukünftigen Einzelpilotenbetriebs von Flugzeugen dar. Das DLR ist als Forschungseinrichtung breit aufgestellt, unsere Expertinnen und Experten können in alle Richtungen arbeiten. Wir betrachten nicht nur die technischen Risiken und Möglichkeiten, auch der Faktor Mensch mit seiner Ausbildung und seinem zukünftigen Arbeitsplatz spielt eine wichtige Rolle.

Aktuell bereitet das ganze Projektteam die für 2024 geplante dritte Studie vor. Dann soll gemeinsam mit dem DLR-Institut für Flugsystemtechnik der Full-Motion-Simulator AVES in die Studie integriert und komplexe Flugsituationen sowohl im Betrieb mit mehreren Piloten als auch im Einzelpilotenbetrieb getestet werden.