Artikel aus dem DLRmagazin 174: Im Gespräch mit einem Solarforscher – Interview mit Dr. Dmitrij Laaber
Licht an und Action
Die größte künstliche Sonne der Welt steht in Jülich. Sie soll dabei helfen, neue Fotovoltaik- und solarthermische Anlagen zu entwickeln sowie Technologien zu erforschen, mit denen grüner Wasserstoff mithilfe von Sonnenlicht gewonnen werden kann. Dr. Dmitrij Laaber vom DLR-Institut für Future Fuels ist der Herr der Synlight-Anlage. Warum deren Licht von Kinoprojektoren stammt und welche Rolle sie für eine klimaneutrale Energiewirtschaft spielen kann, erzählt er hier.
Wofür baut man eigentlich eine so außergewöhnliche Anlage?
Der Haupteinsatzzweck von Synlight ist, Anlagen für solarthermische Kraftwerke oder auch solarchemische Reaktoren in voller Größe zu testen. Normalerweise startet die Entwicklung neuer Technologien in kleinem Maßstab im Labor. Dafür existieren weltweit einige wenige Anlagen. Sie sind relativ kostengünstig aufzubauen und liefern zwischen 10 und 20 Kilowatt Strahlungsleistung, sind also recht kompakt. Bevor man den Reaktor dann in einem Solarturm installiert, wo er von einigen hundert oder vielleicht 1.000 Heliostaten – also Spiegeln – bestrahlt wird, müssen viele„Kinderkrankheiten“ ausgemerzt werden. Das geht am besten unter fest definierten und wiederholbaren Bedingungen. Dafür haben wir Synlight. Prinzipiell steht die Anlage allen Interessierten zur Verfügung. Für kleinere Forschungsgruppen gibt es beispielsweise auch Förderprogramme, mithilfe derer sie die Nutzung finanzieren können.
Woher stammen die Strahler dieser „Sonne“?
In Synlight sind aktuell 148 Lampen für mittelgroße Kinoprojektoren verbaut. Sie haben sieben Kilowatt elektrische Anschlussleistung. Im Kino nutzt man diese Xenon-Lampen, um Farben originalgetreu auf der Leinwand abzubilden. Wir verwenden sie, um dem echten Sonnenlicht möglichst nahezukommen und so realistische Testbedingungen zu erhalten. Dabei sind wir unabhängig von Tages- oder Jahreszeiten. Wir können quasi 24 Stunden am Tag bestrahlen. Wenn die Lampen eingeschaltet sind, befindet sich allerdings niemand in den Versuchsräumen oder in der Strahlerhalle, denn dann würde man erblinden. Auch die UV-Strahlung ist sehr intensiv. Selbst wenn man nur neben den Lampen stünde, bekäme man sofort einen heftigen Sonnenbrand. Deshalb überwachen wir alle Versuche mit speziellen Kameras, die für Einsätze in Wüstengebieten konzipiert wurden.
Du hast erst Maschinenbau und dann Energietechnik studiert. Haben Dich technische Themen schon immer interessiert?
Das ist fast eine Familientradition. Schon mein Großvater war Ingenieur und meine Mutter hat Maschinenbau studiert. Ich war zwar nicht gezwungen, diese Tradition fortzuführen, aber es hat mich immer interessiert. Nach dem Abitur war es logisch für mich, etwas Technisches zu studieren. Die Entscheidung für Maschinenbau war vielleicht willkürlich, aber ich habe sie nie bereut. Die spätere Vertiefung in Energietechnik war dann eine deutlich bewusstere Entscheidung.
… und während des Studiums hast Du außerdem Theaterstücke geschrieben und Regie geführt …
Stimmt. Dazu hat mich meine damalige Freundin – und heutige Ehefrau – inspiriert. An meiner TU in Hamburg fehlte mir etwas Kultur. So entstand die Idee, eine Theater-AG zu gründen. Die besteht noch heute und hat sogar einen Preis für die Verbesserung des studentischen Lebens an der TU gewonnen.
Mir ist mein Job wichtig, weil ich möglichst umweltfreundliche Energieformen erforschen und so dazu beitragen kann, dass diese hoffentlich irgendwann massentauglich werden.
Dir liegt die Umwelt sehr am Herzen. Was kannst Du mit Deiner Forschung konkret dafür tun?
Ich denke viel über die Umwelt, mein Verhalten und die globalen Probleme nach. Mir ist mein Job wichtig, weil ich möglichst umweltfreundliche Energieformen erforschen und so dazu beitragen kann, dass diese hoffentlich irgendwann massentauglich werden. Auch wenn mein persönlicher Beitrag recht klein ist, ist er einer von vielen auf dem Weg zu einer klimaneutralen Energiewirtschaft mit dem wesentlichen Baustein Wasserstoff.
Beim grünen Wasserstoff geht es darum, erneuerbare Energie zu gewinnen. Welchen Beitrag kann Synlight dazu leisten, dieses Verfahren zu optimieren?
Das ist der Kern vieler Versuche, die wir hier durchführen. Wir entwickeln Verfahren, bei denen wir das Sonnenlicht nutzen, um eine chemische Reaktion zu starten. Dabei wird Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Für die Entwicklung nutzen wir das Licht von Synlight und erhitzen unsere Reaktoren auf etwa 1.400 Grad Celsius. Später soll die Sonne diesen Schritt übernehmen. Dieser Prozess ist umweltfreundlicher, als Wasserstoff aus Erdgas zu gewinnen, da keine Emissionen entstehen. Solarforschung kann außerdem dazu beitragen, Industrieprozesse CO2-ärmer zu gestalten, denn die chemische Industrie benötigt neben den Rohstoffen sehr viel Wärme.
Um wieder die Brücke zu schlagen – hier bist Du ja auch so etwas wie ein Regisseur …
Natürlich fahre ich nicht jeden Versuch selbst. Dafür haben wir ein ganzes Team. Auch bin ich nicht an jedem Aufbau direkt beteiligt, aber die gesamte Planung, Entwicklung und Koordination laufen über mich.
Wie vereinen sich für Dich Wissenschaft und Kreativität?
Wissenschaft ohne Kreativität ist nicht möglich. Beim Forschen gibt es keine Standardlösungen. Man muss immer etwas Neues ausprobieren, manchmal auch irgendwas Wildes, bei dem die grauhaarigen Experten sagen: „Ihr seid bescheuert, das wird nie funktionieren!“ Natürlich scheitert man auch häufig, aber ohne dieses Scheitern erreicht man nichts.
Der Podcast DLR-FORSCHtellungsgespräch wird produziert von Daniel Beckmann, Andreas Ellmerer und Antje Gersberg. Sie alle arbeiten in der DLR-Kommunikation. Ein Beitrag aus dem DLRmagazin 174.